Pack schlägt und verträgt sich? Außer in Politik, Medien, NGOs

Von einem linkslinken Bürgermeister, dem medialen Mitleidsmarkt und einem "Bolschewistenblattl".

Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Ein uraltes Sprichwort mit nicht minder uraltem Wahrheitsgehalt. Und mit wechselnder Besetzung, wie es sich gehört. Was ist Pack? Sicher nicht das, was in Folgendem gemeint ist. Journalisten sind kein Pack. Politiker umso weniger. Aber sie schlagen sich und dann vertragen sie sich wieder. So ist es in der Welt und vor allem in Zeiten wie diesen.

Andreas Babler war (und ist noch immer) Bürgermeister von Traiskirchen und einer der vielen Gutmenschen dieser Tage. Er ist ein linkslinker Sozialdemokrat und hat bei seiner ersten Wahl 71 Prozent für seine Partei erreicht, das beste Ergebnis seit 1945. „Flüchtlinge menschlich unterbringen – Massenlager abschaffen“ war seine Devise. Er ist einer der heftigsten Kritiker der Regierung, und auch Werner Faymanns, des Chefs seiner eigenen Partei. Er hat mit Vertretern der Volkshilfe, der Freiheitskämpfer und der Sozialistischen Jugend die parteiinterne Initiative Kompass gegründet, eine Vertretung des linken Flügels der SPÖ.

Und im Frühjahr 2016 hat sich herausgestellt, dass er Doppelverdiener ist. Er kassiert als Privatmann und als Funktionär, und zwar gehörig. Genosse Babler ist dergestalt nicht mehr das gute linke Gewissen seiner Partei. Und er zeigt, dass Gutmenschen nicht immer moralisch positiv zu bewerten sind. Dass Gutmenschen nicht immer gute Menschen sein müssen.

Pack schlägt sich, Pack verträgt sich? Noch einmal: Es liegt mir fern, abzuqualifizieren, in der Politik ebenso wie in der Kommunikation. Auch in den Medien ist wenig von Pack zu finden. Mag sein, dass sich Zeitungen – früher war das nicht so – aneinander reiben, vielleicht sogar spinnefeind sind.


Dass der „Falter“ in der „Krone“ gelegentlich als „Bolschewistenblattl“ bezeichnet wird, mag eine Ausnahme sein. Dass Kollege Hans Rauscher dort die „Speerspitze“ des rosa getarnten, Dunkelrotjournals „Standard“ genannt wird, ist gewiss übertrieben. Auch dass die Regierung und die öffentliche – nicht die veröffentlichte – Meinung mitunter gemeinsam marschieren, kommt vor. Und dass die erwähnte Volksmeinung mit jener der meisten NGOs, der Nichtregierungsorganisationen mit privater Trägerschaft, auch als Non-Profit-Organisationen bekannt (obwohl sie häufig Profit lukrieren), sehr oft nicht konform ist, scheint auch nicht ungewöhnlich. Es gibt zu viele dieser NGOs, und sie machen dasselbe. Oft übertreiben sie, um entsprechende Spenden zu bekommen.

Pack schlägt sich, Pack verträgt sich? Zum wiederholten Male: Von Pack ist hier nicht die Rede, kann und darf nicht die Rede sein. Andreas Babler, der linkslinke SPÖ-Bürgermeister von Traiskirchen, hat wahrscheinlich einen großen Teil seines rechtlich möglichen, aber moralisch problematischen doppelten Einkommens guten Zwecken gewidmet. Die vielen NGOs verwenden den größten Teil ihres Spendenaufkommens nicht für Reisespesen, sondern als Hilfsgelder. Und die Medien wissen, dass sie nicht zuletzt einen Mitleidsmarkt betreiben.

Eine Ö1-Journalistin hat das treffend formuliert: „Medien und Hilfsorganisationen sind in der Berichterstattung aus Katastrophen- und Krisengebieten inzwischen eine Symbiose eingegangen, die keiner der beiden Seiten guttut. Im Gegenteil.“ Sie war in Zaatari, dem größten Lager für syrische Flüchtlinge in Jordanien. Und sie schrieb dies für den „Standard“. Schau, schau!

Der Autor war langjähriger Chefredakteur und Herausgeber der „Presse“.
E-Mails an: thomas.chorherr@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2016)

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