Prinz Eugen, Erzherzog Karl und die Allgemeinbildung

Warum stoßen sich rote Ideologen an den Feldherren, die dem Wiener Heldenplatz seinen Namen gaben?

Die Sorgen der Republik Österreich sind gelegentlich solche, deren man sich auf dem Klo entsorgen sollte. Es gibt Leute, die meinen, man müsse sich ihretwegen zwar genieren, sie aber überflüssig zu nennen, wäre übertrieben. Dass sie immer von der gleichen Seite kommen, ändert das Motiv nicht. Wir brauchen sie wie ein drittes Nasenloch.

Die Umbenennungsdebatte etwa, die sich in den vergangenen Monaten um den Heldenplatz entsponnen hat. Parallel dazu ist die Diskussion um die Höhe des neuen Wolkenkratzers am Heumarkt, bei der es immerhin darum ging, ob seine geplante Höhe nicht das Stadtbild allzu sehr störe, was den Verlust eines ehrenden internationalen Kulturprädikats zur Folge hätte, in die zweite Reihe gerückt. Heldenplatz ja oder nein – das ist die Frage.

Volkesstimme ist in dieser Frage so sehr Gottesstimme, dass es sich nicht lohnt, auch auf den lieben Gott zu hören, dem ich sonst unbedingt vertraue. Selten noch waren die beiden Meinungen, die öffentliche und die veröffentlichte, so fast hundertprozentig eins: Nicht daran rühren! Windige Ausreden, den Platz nach der Republik oder der Demokratie zu nennen, sind dumm, dumm und noch einmal dumm, auch wenn sie vom sogenannten Kulturminister stammen – einem Mann, von dem man bisher nicht gewusst hat, wie festgeschraubt seine sozialdemokratische Ideologie ist. Der Heldenplatz heißt nun auch offiziell so, seit er anlässlich der Errichtung der Denkmäler von Prinz Eugen und Erzherzog Karl so genannt wurde. Das ist sein richtiger Name, und so soll es bleiben. Aus, punktum! Alles Weitere ist Unfug.


Es sei denn, die Öffentlichkeit nimmt die Gelegenheit wahr, einen Mangel zu kritisieren, der nicht nur den Bildungsbürgern (ich darf es zum wiederholten Male und ohne jegliche Scheu feststellen: Ich bin einer) auffällt, sondern allen, denen das Renommee des Staates noch immer am Herzen liegt. Und dazu gehört auch eine Spur von dem, was man gemeinhin Allgemeinbildung nennt.

Sie zu definieren ist schwierig und wird immer schwieriger. Ihr Wesen ändert sich mit ihrem Inhalt, und dieser wechselt mit der Zeit, wobei diese immer kürzer wird. Was heute unter Bildung verstanden wird, war vor ein paar Jahrzehnten noch Fachwissen, und der Begriff „allgemein“ weitet sich seinerseits immer mehr aus, weil das Wort „Bildung“ Dinge umfasst, die früher bestenfalls als Spezialwissen figurierten. Was in den Gymnasien gelehrt wird, ist Bildung, wie man sie heute versteht. Seinerzeit war sie – sagen wir: anders. War sie breiter? War sie besser? War sie allgemeiner?

Sie war jedenfalls zeitbezogen, aber nicht in jeder Hinsicht. Wobei wir wieder beim Heldenplatz angelangt sind – und bei den beiden Denkmälern, die – apropos Bildung, sogar Allgemeinbildung – Pferde im Sprung zeigen, die Schwere des Metalls genau kalkulierend, was zu dieser Zeit äußerst selten war. Das Reittier Erzherzog Karls berührt nur mit den Hinterbeinen den Boden, eine Meisterleistung des Schöpfers Fernkorn, der beide Pferde auf Postamente van der Nülls stellte, mit Sicardsburg einer der Baumeister der Ringstraßenzeit. Prinz Eugen, Erzherzog Karl, zwei Helden, die man kennen sollte. Gehören sie zur Bildung? Helden, die dem Platz den Namen gaben. Schluss der Debatte! Oder soll jener rote Stadtpolitiker recht behalten, der meinte, man dürfe alle Plätze umtaufen, mit einer Ausnahme: Stephansplatz muss Stephansplatz bleiben?

Der Autor war langjähriger Chefredakteur und Herausgeber der „Presse“.
E-Mails an: thomas.chorherr@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2017)

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