Streng vertraulich...

Der Finanzminister der Ära Kreisky, Hannes Androsch, sollte im Jahr 1976 eine letzte Gunsterweisung und Rangerhöhung durch seinen Mentor, den alten Bruno, erfahren.

Um den Widerspenstigen in der Politik zu halten (Androsch wäre viel lieber Nationalbankpräsident oder Unternehmer geworden), bot ihm Kreisky den Vizekanzlerposten an. Sehr zur Empörung von Hertha Firnberg und allen Emanzen im weiten Reich. Denn die doch schon etwas ältere Hertha war schließlich auch SPÖ-Frauenvorsitzende. Kreisky verletzte sie obendrein völlig unnötig mit dem Bonmot: „Ålt bin i selber...“ Androsch rückte also ein und wurde damit automatisch Mitglied des Landesverteidigungsrates. „Eigentlich sollte der ja nur Landesrat heißen, denn Verteidigung gibt's bei uns schon lang nicht mehr“, meint er heute bitter. Bei der ersten Sitzung, erzählt er, lagen vor ihm drei Papierstapel. „Der erste war so hoch, dass ich heut' noch dort sitzen würde, hätt' ich das je gelesen. Der zweite war mittelhoch. Jedes Papier trug den Stempel „Vertraulich“. Der dritte war recht klein, da stand „Streng vertraulich“ drauf. Ich hab' mich überhaupt nicht ausgekannt. Gottlob ist gerade ein Kanzleidiener vorbeigekommen. Der meinte: „Vertraulich heißt, dass des alle Zeitungen kriegen. Streng vertraulich kriegt nur die ,Kronen Zeitung‘.“ (hws)

Reaktionen an:hans-werner.scheidl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2014)

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