Die Herbstlandfliege

Kaum ist man zwei Wochen weg im schönen Westen, kündigt sich im Osten auch schon die Veränderung an.

Auf den weiten Ebenen lassen die Sonnenblumenarmeen ihre fetten Köpfe hängen, verlieren ihre gelben Strahlenkränze, dunkeln, schrumpeln. Der warme Wind, der die dunklen Eichenwälder des Leithagebirges schäumen lässt, trägt den Geruch von Heuballen, von dunkler Erde und Stoppelfeldern herbei. Die Wolken sind grau. Es herbstelt.

Ich radelte auf meiner Lieblingslandstraße zwischen den schönen bukolischen Dörfern Au am Leithaberge und Seibersdorf und atmete gerade tief ein, da sah ich ein paar Meter vor mir den winzigen schwarzen Fleck in der Luft wie einen Mikroasteroiden heranbrausen. Das Ding schlug genau in mein rechtes Nasenloch ein, es surrte und zappelte, einen Sekundenbruchteil kratzte etwas hinten im Rachen, ich musste husten, und dann flog die Fliege auch schon wieder aus dem Mund, sauste in Richtung des Maisfeldes, verschwand und ließ mich hustend und würgend zurück.

Ach, du herrliches Landleben! Hier kommt das Leben noch zu einem, ja in einen selbst! In der Stadt kommt's höchstens als Grippevirus in einen, und fraglich ist's, ob ein Virus schon Leben ist. Dafür gibt's dort Hundstrümmerln, sozusagen urbane Kuhfladen. Eine Stadt ist ja auch bloß verdichtetes Land. (wg)

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2014)

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