Selfie, das Windelscheißerchen

In der Nörgelserie „Pestbeulen des Alltags“ widmen wir uns heute einem Wort, das heuer durch alle Medien zwischen „Fohnsdorfer Freiheitsblatt“ und „Falter“ flattert: dem Selfie.

Das sind die Fotos, die man meist per Handy oder Digitalkamera von sich macht, üblicherweise mit ausgestrecktem Arm, und die häufig per Internet (etwa Facebook) verbreitet werden. Das Wort ist angeblich erstmals im September 2002 aufgetaucht, in einem Internetforum des australischen Senders ABC: Ein Bursch war betrunken aufs Gesicht geknallt, hatte sich verletzt und ein Selbstfoto hochgeladen, das er „selfie“ nannte.

2013 erkor das Oxford Dictionary Selfie zum „Wort des Jahres“, etwa seither füllt es die Untiefen der österreichischen Mediensümpfe und Unsitten aus wie Algen einen kippenden Tümpel. Ja klar, dass Politiker, Künstler und Promis in dem Hype mitschwimmen. Dabei ist's so doof! Also ich hab Selbstfotos, die in die 1990er reichen, vor den Pyramiden, dem Ayers Rock, Mädels, gemacht mit analogen Kameras! Das erste Selbstfoto soll gar von 1839 sein. Doch plötzlich tun Millionen Leut so, als wär das alles was Urneues. Zu dem doofen Gestus kommt der blöde Begriff: Selfie, „Selbstchen“ – das Wort klingt so unerträglich kindisch, als ob's noch in die Windeln machte.

Nun ja: Mir fallen zu Selfie noch ganz andere Dinge ein, die man selbst machen kann. Aber diesen Hype sollen andere lostreten. (WG)

Reaktionen an: wolfgang.greber@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2014)

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