Wäre..., hätte...

Immer wieder hübsch ist das Gedankenspiel: Was wäre, wenn...

Ein vom arbeitslosen und verkannten Künstlergenius Adolf Hitler 1912 in Wien gemaltes Stillleben wird nun in Los Angeles versteigert. Der Startpreis liegt bei 30.000 Dollar (27.500 Euro). Hätte sich damals nur ein Kunstfreund geopfert! Mit diesem Batzen Geld hätte der gebürtige Braunauer seinen Bettenplatz im Männerheim mit einer ordentlichen Wohnung samt opulentem Atelier vertauschen und sich ganz seiner künstlerischen Schwärmerei hingeben können. Da hätte er dann Stillleben (Vase mit Blumen) gemalt, wie es eben jetzt unter den Hammer kommt. Vielleicht aber hätte er lieber für ein Architekturbüro großartige Planskizzen verfertigt. Oder sich als Wagnerianer ganz auf die Bühnenbildnerei verlegt.

Mit den 30.000 Dollar hätte er Wien so lieb gewonnen, dass er niemals nach München retiriert wäre. Und wer die Wiener kennt, der darf annehmen, dass der reiche Bursche Zugang zu den bürgerlichen Salons der Reichshaupt- und Residenzstadt bekommen hätte. Im Weltkrieg als Maler im k.u.k. Kriegspressequartier privilegiert, wäre danach sein Künstlerleben wieder ruhig und unaufgeregt verlaufen. Heute, mehr als hundert Jahre später, wäre der Mann bestenfalls eine Randnotiz in Auktionskatalogen.

Wäre. Hätte. Ist aber nicht. (hws)

Reaktionen an: hans-werner.scheidl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2015)

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