Umgehungsmanöver

„Das Problem muss gelöst werden“, eröffnete die grüne Bundessprecherin das Meeting in der Parteizentrale.

Welches Problem? „Also: Die Koalitionsregierung braucht unsere Stimmen für ihr Gesetz, mit dem der Staat auf das Konto jedes Bürgers zugreifen kann.“ „Abenteuerlich. Ein Anschlag auf die Grundfreiheiten“, keuchte ein naiver Parlamentsneuling. „Wart a bissl“, bremste Frau Glawischnig, „sie brauchen uns. Und wir holen uns bei denen Gutpunkte fürs Mitregieren beim nächsten Mal.“ „Ja, aber da gibt's doch einen Aufstand unserer Wähler! Wir können doch net bei einem solchen Anschlag auf die Bürgerrechte mitspielen“, widersprach der Neuling keck. Während sich Frau Glawischnig ausnahmsweise schmähstad zeigte, rettete der überragende Stratege Peter Pilz die Lage, die so aussichtslos schien: „Ein Ablenkungsmanöver muss her!“ Alle waren baff. „Ihr kennt meine Öffentlichkeitsscheu. Aber ich opfere mich für die große Sache.“

Das war ein Wort: Und so trommelt der medienscheue Peter seit Tagen den Geheimdienstskandal zwischen NSA, BND und HNA mit bewunderungswürdigem Furor – von wegen Ausschnüffeln jedes einzelnen Staatsbürgers. Während andere Grüne in der Kulisse den wesentlich größeren Skandal ausschnapsen, der wirklich jeden Bürger treffen wird. So wird man regierungsfit! (hws)

Reaktionen an:hans-werner-scheidl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2015)

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