Tempora mutantur

Was macht ein Land, das hinten nach ist? Es begibt sich noch weiter zurück.

Nordkorea weist seine Bürger an, alle Uhren um eine halbe Stunde nach hinten zu stellen. Denn man will mit der einst von Japan oktroyierten Uhrzeit nichts mehr zu tun haben.

Die Idee hat Nachahmer. Griechenland stellt die Uhren um ein paar Jahre zurück. In die Zeit, als das Staatsdefizit noch bei niemandem in der EU Alarmglocken schrillen ließ. Auch die Schweiz will sich zeitlich von Europa abnabeln. Progressiv, wie sie ist, stellt sie die Uhren natürlich vor, und zwar gleich um zwei Kuckucksrufe.

Selbst innerhalb Österreichs gibt es künftig neue Zeitzonen. Im Burgenland wird die Zeit nur noch von null bis sechs sowie von zwölf bis 18 Uhr gezählt. Die Rechtsregierung will nicht, dass die Uhr links ausschlägt. „Der linke Zeitgeist ist damit passé“, erklärten Hans Niessl und Johann Tschürtz stolz. Umgekehrt verordnete Rot-Grün in Wien gegenderte Uhren für die Bürger. Wegen der Beschriftung („ZehnIn, ElfIn,...) fallen die Zifferblätter zwar größer aus, aber eine Inseratenkampagne, ein Uhrenbeauftragter und eine Zeigerbegegnungszone sollen vor Augen führen, wie uhrleiwand das alles ist.

Die Bundesregierung feilt indes jedoch an einem Gesetz, laut dem in ganz Österreich nur noch Digitaluhren erlaubt sind. Damit die Regierung niemandem mehr auf den Zeiger gehen kann. (aich)

Reaktionen an: philipp.aichinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2015)

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