An der Rechten Wienzeile

Morgen ist Tag der offenen Tür im Kreisky-Archiv an der Rechten Wienzeile.

Es ist im einstigen Verlagsgebäude der „Arbeiter-Zeitung“ untergebracht, dem intellektuellen Sturmgeschütz der Arbeiterbewegung. Beide gibt's nicht mehr – weder die Arbeiterbewegung, noch die AZ. Im Juli 1910 konnte sich die Sozialdemokratische Arbeiterpartei endlich ein eigenes großzügiges Redaktions-, Verlags- und Druckereihaus an der Wienzeile bauen, damals noch mit der Adresse Wienstraße 98a. Es war zu seiner Zeit das modernste Verlagsgebäude Wiens. Drei Tage nach der Übersiedlung aus der Innenstadt hatte Chefredakteur Friedrich Austerlitz dennoch etwas auszusetzen: „. . . Die Gegend allerdings ist schrecklich: kein Wirtshaus, kein Kaffeehaus, erst wenn man aus der Wienstraße in die ,intellektuelle Burg‘ tritt, fühlt man sich wie verzaubert.“ Kopf und Motor der AZ wurde nach 1918 Otto Bauer, Chefredakteur blieb aber nach wie vor Austerlitz, quasi der Zeus im Olymp. Ernst Fischer, der später zu den Kommunisten überlief, begann dort seine Karriere. „Beim ersten Besuch ertönte auf dem Gang ein fürchterliches Gebrüll. Victor Adler, der meine Bestürzung wahrgenommen hatte, beschwichtigte: ,Nur keine Aufregung. Austerlitz setzt nur einem Redakteur auseinander, dass er einen Beistrich falsch gesetzt hat . . .‘“

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2015)

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