Lieber Zweite in St. Pölten...

Selten sind sie geworden, die herzerwärmenden Momente in der Politik.

Umso schöner das unbeschwerte Lachen, das am Dienstag auf dem Ballhausplatz zu vernehmen war. Und es kam diesmal nicht wie gewöhnlich aus der immer so gut gelaunten Hofburg, in der schon die ersten Umzugskisten am Hintereingang zu sehen sind, während drinnen die persönlichen Sachen nach und nach eingepackt werden, man will ja schließlich pünktlich und besenrein übergeben. Nein, das Zeichen der Fröhlichkeit kam tatsächlich aus dem gebeutelten Kanzleramt direkt gegenüber.

Ein politischer Coup, ein Verhandlungsdurchbruch bei einem der heiklen Themen Bildung, Gesundheit, Pensionen oder gar ein durchgeschlagener Gordischer Knoten beim anstehenden Finanzausgleich? Weit gefehlt: Ein überglückliches Regierungsmitglied darf endlich das vor Jahren gebuchte Rückfahrticket in die Provinz einlösen. Ein Blumenstrauß hier, ein Erinnerungsfoto da, ein paar Tränen bei den Zurückbleibenden. Und dann schnell zum Bahnhof, der Zug Richtung St. Pölten wartet nicht mehr länger. Und auch Julius Cäsars eherner politischer Grundsatz gerät da ins Wanken. Denn in der österreichischen Schule der Staatskunst heißt es ab sofort: lieber Zweite in St. Pölten als Erste in der Herrengasse.

Oder etwas prosaischer: nichts wie weg hier!!!

Reaktionen an: florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2016)

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