Vor dem 1. Mai

In der uns schon bekannten Sektion IV der noblen Hietzinger SP-Bezirkspartei sind sie alle schon eifrig am Werk: Der pensionierte Hofrat, die Frau Nechledil, die flotte Tanja von den Jusos, ebenso der coole Mike.

In der uns schon bekannten Sektion IV der noblen Hietzinger SP-Bezirkspartei sind sie alle schon eifrig am Werk: Der pensionierte Hofrat, die Frau Nechledil, die flotte Tanja von den Jusos, ebenso der coole Mike. Sie entwerfen ihre Transparente, die sie am „Tag der Arbeit“ an den Größen ihrer Partei vorbeitragen wollen.

Ohne jeglichen originellen Einfall ist seit Jahr und Tag die Genossin Nechledil. Bravo Hundstorfer malt sie in großen Blockbuchstaben. „Sagen S', Genossin“, näselt der Hofrat in Schönbrunnerdeutsch, „woll'n S' uns häkerln?“ Nein, will sie nicht. Sie hat nur seit 70 Jahren dem jeweiligen Spitzengenossen gehuldigt.

Flüchtlinge rein, Nazis raus, malt die Tanja und glüht vor Eifer. Doch der coole Mike rastet vor Wut gleich aus. Er wohnt im Gemeindebau in Lainz, gleich neben dem früheren Geriatriezentrum am Wienerwald, 1100 Flüchtlinge sind dort untergebracht. „Da können mir glei' die Sektion zusperren, du Tussi!“ Der viefe Bursch hat irgendwie die Lage erkannt.- - - Lösung ist lange nicht in Sicht. Aber, wer sagt's denn? Unser Hofrat hat die geniale Idee. Eine große Papptafel wird bemalt. Vorne ist zu lesen: Refugees welcome, hoch sonja Wehsely! Und auf der Rückseite: Bravo Niessl & Dosko – Grenzen dicht, alle raus! „Und immer schön drehen“, mahnt der Hofrat. Ja, das wird ein schöner Tag! (hws)

Reaktionen an: hans-werner.scheidl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2016)

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