Liesinger Dauerwellen

Gewählt ist gewählt“, schleudert unser Sesselkleberchen Werner F. all seinen Kritikern entgegen. Recht hat er.

Und wie! An diesem fatalen Morgen sprang Werner noch ganz fröhlich aus dem Liesinger Reihenhäuschen, wo schon die zwei Kriminalbeamten mit der Limousine warteten. „Ins Kanzleramt“, befahl er, „vorher aber noch zum Friseur!“ Die Leibwächter waren's gewöhnt und blätterten gelangweilt in Fellners und Dichands Gratispapierln. Sie glichen in ihrer Fadesse den mächtigen Butterbroten von Frau Martina. Das fing ja gut an! --- Währenddessen hatte sich Werner in eine spannende Broschüre vertieft: „Dein zweites Leben“ vom AMS, das war ursuper. Maturant, Finanzberater, Staubsaugervertreter, Meinungsforscher – alles neue, honorige Berufsfelder.

Werner träumte von Freiheit, weit weg von diesem Scheißjob, weg von seinen Liesingern, die inzwischen allesamt Blau wählten. Sein Blick wanderte zum Spiegel – und das Blut gefror ihm in den Adern. Da starrte ihm ein fremdes Gesicht entgegen, die grauen Haare in seltsamen Locken! „Verdammt, Genossinnen und -nossen“, schrie er, „was soll das?“ – „Gewellt ist gewellt“, entgegnete ungerührt der Liesinger Figaro. Grauenhaft! Seit diesem Malheur geht unser Werner kaum mehr unter die Leut'. Das ist der wahre Grund dafür, dass jetzt der Michl alles reparieren muss. (hws)

(Print-Ausgabe, 06.05.2016)

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