Being Reinhold L.

Spätabends brannte noch Licht im ÖVP-Parlamentsklub.

Spätabends brannte noch Licht im ÖVP-Parlamentsklub. „Ich bin aber der Meinung, dass es besser ist, draufgängerisch als bedächtig zu sein. Denn Fortuna ist ein Weib, um es unterzukriegen, muss man es schlagen und stoßen“, las er da. Dann schlug Reinhold L. das Buch, Niccolò Machiavellis „Der Fürst“, wieder zu.

Und dachte sich: Recht hat er. Also mit dem ersten Satz. Den zweiten musste man selbstverständlich aus dem historischen Kontext nehmen und der Zeit anpassen. Und das hatte er schließlich ganz gut hinbekommen: So feministisch hatte er sich schon lang nicht mehr gefühlt. Zwei Frauen nominiert, das musste ihm erst einer nachmachen. Die Roten, die Grünen und die Neospartei hatten mit ihrem dicken Mann ziemlich alt ausgesehen.

Das Einzige, was Reinhold L. ein wenig wurmte, war, dass er nun wieder einmal etwas zerstört hatte – die schöne blaue Drohkulisse nämlich. Die hatte in der Steiermark so gut funktioniert und dem Zweitplatzierten den Landeshauptmann beschert. Und jetzt beim Rechnungshof schon wieder. Allerdings war der, der der Drohkulisse die Farbe gab, jetzt ein wenig eingeschnappt, weil er letztlich auch ihn überdribbelt hatte. Aber was sollte man machen, dachte sich Reinhold L., er hatte seinen Machiavelli einfach zu genau gelesen. (oli)

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2016)

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