Der urbane Nudelsalat

Der urbane Wohlfühlfaktor ist häufig nur eine selbstgefällige Illusion.
Der urbane Wohlfühlfaktor ist häufig nur eine selbstgefällige Illusion.The Simpsons/Screenshot
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Ich mag ja die Jausenpakete jener Supermarktkette, deren Name der Imperativ eines Begriffs für „Verschwende nix!“ ist: die Currynudel- und Linsensalate, Wraps etc.

Nur: Die Werbung dafür, jessas! Schon die früheren Plakate mit dem Stahlblauaugengroßnasenzahngrinsen von Sarah Jessica Parker waren ein ziemlicher Wegschauer. Und nun dieser neue Werbespot: In der Onlinevariante fängt er so an, dass ein Handydisplay vor dem Hintergrund Manhattans erscheint und man darauf lesen kann: „8–9.30: Meeting Tom + Sandy, 9.30–11: Meeting Max + Mike, 11–12.45: Call: Toby, 12.45–14.00: Lunch!"

Uff, wer will oder muss bitte Sandy oder Mike treffen? Dann erscheint eine unfassbar liebe Brünette gerade noch vom Typ Girl-next-Door, schaut aus dem Panoramafenster über Manhattan, natürlich am Handy hängend, der Jausenwagen rollt hinter ihr vorbei, sie rennt ihm nach, auf Highheels, durch eines dieser totgestylt kalten Großraumbüros jener Firmen, die Banken sind, Unternehmensberater oder sonstige, die jedenfalls offensichtlich nicht dafür sorgen, dass es der Weltwirtschaft und uns allen besser geht. Übrigens ja, die Hübsche kriegt am Ende natürlich ihr Futter, happy ending! 

Was allerdings sagt nun dieser Spot aus, den nur Teenies oder rookiehafte Anfang-20er liken dürften (wegen New York, DER STADT, oh my God!!!)? Also: Mädel hat Meetings. Gut Mampf. Smartphone. Job geil! Karriere!! Dabei sind Meetings bekanntermaßen meist sinnarme Arbeitssimulationen. Die Supermarktkette bewirbt ihre Jausen auch als „modern und urban". Urban: Dieses überkandidelte Kulturkampfwort beweist in diesem Zusammenhang wieder, dass es nicht einfach bloß „städtisch" als Ausdruck einer besonders hohen Besiedlungsdichte mit vielen Ampeln und vielen Straßen und wenig Aussicht bedeutet. Weil die Prolos der nicht-urbanen Stadtbezirke (welch ein Widerspruch!) und die auf dem Land zwischen Feldkirch und Fischamend fressen mittags ja nur Kebab, Leberkäs und Schweinernes, gell. Und schon kommt einem der urbane Nudelsalat hoch. (wg)

Reaktionen an: wolfgang.greber@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2016)

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