Wittgenstein ziert Trattenbach

Ins idyllische Trattenbach in Niederösterreich verschlägt es zu dieser Jahreszeit manchen, der sonst am liebsten im Büro weilt.

Die Sommerfrische rund um Semmering und Wechsel leidet darunter, dass die Menschen in fernen Ländern urlauben, von denen einige heutzutage aber zunehmend gefahrvoll werden. Vom Rückzug in sichere Gebiete profitieren Spanien, Griechenland oder Kärnten. Vielleicht verirrt sich mancher Nostalgiker jedoch auch ins Wien nahe liegende Feistritztal. Dort können selbst Stubenhocker maßvoll wandernd Frischluft schnappen. Auch der berühmte Philosoph Ludwig Wittgenstein suchte in den 1920er-Jahren in der Gegend Praxis und Theorie zu verbinden. Ihn zitieren manche gern mit dem Spruch: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ Und den Mantel des Schweigens breitete man wohl auch besser über Wittgensteins kurzes Gastspiel als Volksschullehrer. Pädagogik war keine Stärke dieses gescheiten Mannes. Er ohrfeigte Schüler, einer wurde gar ohnmächtig. Der Philosoph schied letztlich auf eigenen Wunsch aus dem Schuldienst. „Ich sehe aus wie ein degenerierter Raubvogel“, kommentierte er ein Foto, auf dem er mit seiner Klasse zu sehen ist. Die Trattenbacher aber haben dem gestrengen Mann offenbar nichts nachgetragen, die Volksschule trägt bis heute seinen Namen. (bp)

Reaktionen an: barbara.petsch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.