Die Frau Vorsitzende

Eine Katastrophe“, murmelte der Parteivorsitzende, als er jüngst wieder einmal seiner Stadträtin ansichtig wurde.

Eine Katastrophe“, murmelte der Parteivorsitzende, als er jüngst wieder einmal seiner Stadträtin ansichtig wurde. Natürlich meinte er nicht sie persönlich, die Lebenspartnerin des SPÖ-Klubchefs, sondern das fatale Nachwahlergebnis in der Leopoldstadt. Hatte er sie nicht als Bezirksparteivorsitzende fuhrwerken lassen, damit dieser schöne Bezirk als roter Besitzstand bewahrt blieb, wie es Gott vorsah? Und jetzt das! Grün! Die rote Leopoldstadt!

Mit Wehmut dachte der Bürgermeister an die frühere Bezirksvorsitzende Gitti Ederer, die er zur Finanzstadträtin gemacht hatte. Ja, die war tüchtig. Später auch als Staatssekretärin und Topmanagerin. „Das ist ein Elend“, seufzte der alte Mann. Allein, in der weitverzweigten Verwandtschaft, die sich die Posten im Wiener Rathaus untereinander aufteilt, fand sich nichts Vergleichbares.

Seit er heuer vom Urlaub ins Rathaus zurückgekehrt ist, nichts als Ärger um diese Stadträtin. Den einen aufbegehrenden Arzt, der partout eine Ärztegewerkschaft gründen wollte, den hat man noch mit Müh und Not von seinem Posten entfernen können. Aber was nützt das! Seit einem Jahre hat diese zuständige Stadträtin justament nicht mit den Ärztevertretern geredet. „Wird sich nicht mehr lang halten“, murmelte er. Ob er damit nur den Vorsitz in der SPÖ-Leopoldstadt meinte, wissen wir nicht. (hws)

Reaktionen an: hans-werner.scheidl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.