Pizzicato

Das Leben ist wieder da

Die ersten Blättlein sprossen aus dem zuvor scheintoten Holz meines "Oster-Apfelbaums" (rechts das rote Ding ist ein Osterei als Baumbehang).
Die ersten Blättlein sprossen aus dem zuvor scheintoten Holz meines "Oster-Apfelbaums" (rechts das rote Ding ist ein Osterei als Baumbehang).Greber
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Man glaubt ja jeden Winter, aus dem krakelig-nackten Baumgespenst da im Garten wird nix mehr. Und dann treibt der Frühling aus ihm wieder Blätter und Blüten heraus. Vor zehn Jahren hab ich den Apfelbaumsetzling eingegraben. Das Leben ist zäh.

Man glaubt ja jeden Winter wieder, da wird nix mehr draus, so wie der Apfelbaum im Garten unserer Datscha am See im Südosten von Niederösterreich an den schaumigen Hängen des Leithagebirges einem krakeligen dunklen Strichmännchengespenst gleicht. Aber es ist noch keine drei Wochen her, dass allerorts die hellbraunen, anfangs apfelkerngroßen Knospen begannen, aus seinen Trieben und Ästen aufzutauchen wie winzige U-Boote oder Nilpferde aus einem dunklen Wasser.

Man merkt's lange nicht. Man schaut ja nicht so genau hin, weil man auch noch nicht jeden Tag dort wohnt, jedenfalls krochen schwupps aus den schon größer und kugeliger gewordenen Knospen vor etwa einer Woche die ersten fingerkuppenlangen Blättlein wie grüne Lanzette, entrollten und entfalteten sich im frühwarmen Wind. Eine neue Saison. Wieder mal.

Es war im Spätsommer 2006, da hatt' ich Kerne aus einem hundsnormalen Supermarktapfel mir heute nicht mehr bekannter Sorte in Anzuchttöpfchen gelegt, und siehe: einige keimten. Im Frühling 2007 hab ich den besten Setzling, etwa 30 Zentimeter hoch, ganz dünn und wackelig war er, einfach in den Garten gepflanzt. Schau ma mal. Dann hätte unser Mädchen, das im Herbst des besagten Jahres zur Welt kommen würde, schon einen gleichaltrigen Baumfreund. Dachte ich.

Nun: Das kleine Ding hat doch tatsächlich seinen ersten Winter überlebt, und viele Stürme, Hitze- und Frostwellen. Bäumchen also wird heuer zehn, ist etwa zweieinhalb Meter hoch, hat eine dichte, etwas zerzauste Krone und wäre noch größer, hätt' man ihn nicht immer wieder tüchtig beschnitten. Jetzt platzen die rosaroten Blüten an ihm auf wie Feuerwerk am Tag, die Bienen kommen, das Gras riecht auch schon frisch und grün, kalter Apfelmost steht auf dem Tisch und macht einen wild.

Das Leben ist wieder da. Ah, es kann zäh sein! (wg)

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