Ein „Volksschädling“ und stolz darauf

(c) Fischer
  • Drucken

Als Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“ sieht es Leo Fischer als Pflicht, vor niemandem Respekt zu zeigen.

Satiriker sind ein bisschen wie Parasiten: Sie ernähren sich von menschlichem Leid; sie wachsen überall da, wo auch Verfall, Unrecht und Korruption blühen“, schrieb Leo Fischer Ende 2008 in einem Beitrag über „die Geheimnisse der Satire 2.0“ auf Spiegel Online. Als Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“ freut er sich über „Finanzkrise, armselige Politiker, verarmende Bürger“, denn „schlechte Jahre sind traditionell gute Satirejahre“. Dass der Spott dem Schaden auf dem Fuß folgt, hat nun das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche in der „Vatileaks“-Affäre erfahren müssen – und dass Fischer es als Pflicht versteht, mit seiner humorvollen Kritik niemanden zu verschonen. Auch sich selbst nicht. Den Titel „Volksschädling“ trägt der Arztsohn aus München mit Würde. Seit Oktober 2008 ist der 30-Jährige Chef von „Titanic“, dem mit knapp 100.000 Stück Auflage zweitgrößten Satiremagazin Deutschlands (nach dem „Eulenspiegel“). Außerdem ist er im Bundesvorstand der PARTEI (Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative), die 2005 von „Titanic“-Redakteuren gegründet wurde und – bisher erfolglos – bei Kommunal-, Landtags- und sogar einer Bundestagswahl antrat.

Fischer studierte Literaturwissenschaft, Philosophie und Publizistik in Berlin und Lausanne, schrieb zum Abschluss eine Arbeit über „Glück und Rede bei Jean Paul“. Von Ironie war da noch nichts zu merken. Aber „Titanic“ – das zwei Jahre älter ist als er – habe ihm damals schon gefallen, erzählte er der „FAZ“: „,Titanic‘ hat mich schon immer fasziniert. Da stehen Pimmelwitze neben niveauvoller Satire.“ Dabei kann man bei ihm nie genau wissen, wie er nun meint, was er sagt oder schreibt – mit Absicht: „Ironie ist, dass man nicht unterscheiden kann, ob es ernst gemeint ist oder nicht.“ i.w.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Medien

"Titanic" will Verbot des Papst-Covers nicht hinnehmen

Noch diese Woche wird die Anwältin des Magazins Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung einlegen. Stein des Anstoßes war ein Titelbild des Papstes mit besudelter Soutane.
Papst geht gegen Satiremagazin
Religion

Papst geht gegen das Satiremagazin "Titanic" vor

Das Titelbild zeigte Benedikt XVI. in weißer Soutane mit einem gelben Fleck im Schritt. Nun wurde die aktuelle Ausgabe gestoppt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.