Der naive Professor

(c) REUTERS (WOLFGANG RATTAY)
  • Drucken

Ihm hat die Plagiatsaffäre neben zu Guttenberg selbst wohl am meisten geschadet: Doktorvater Peter Häberle.

Porträt des Tages

Ihm hat die Plagiatsaffäre neben zu Guttenberg selbst wohl am meisten geschadet: Doktorvater Peter Häberle. Seit Auftauchen der Vorwürfe ist der international angesehene Staatsrechtler untergetaucht, weilte offiziell im Ausland. Noch vor zwei Wochen ließ er erklären, die Vorwürfe seien „absurd“, die Arbeit kein Plagiat. Als die Universität Bayreuth zu Guttenberg schließlich den Doktortitel entzog, musste Häberle einräumen, dass die mit der Höchstnote „summa cum laude“ bewertete Promotionsschrift „unvorstellbare Mängel“ enthielt. Zu möglichen eigenen Fehlern äußerte er sich bisher öffentlich aber nicht.

Zweifellos ist der Vorfall für den 76-Jährigen ein tiefer Einschnitt in seiner Karriere. Der in Göttingen geborene Häberle studierte Rechtswissenschaften in Bonn, Tübingen, Freiburg und Montpellier. Er war Professor an den Universitäten von Marburg und Augsburg, heute lehrt er in Bayreuth. Im Jahr 2002 wurde Häberle emeritiert. Der Lehrstuhl in Bayreuth ist eine Kaderschmiede für Staatswissenschaftler, Verfassungsrechtler, Sozialwissenschaftler und Rechtsphilosophen. Häberles Lehren werden von Verfassungsgerichten in Europa, in Japan und Lateinamerika mit Ehrfurcht zitiert; Ehrendoktortitel hält er an den Universitäten von Thessaloniki, Granada, Lima, Brasilia, Tiflis und Buenos Aires.

Trotz seiner vielen Auszeichnungen nahm sich Häberle stets Zeit für seine Studenten, lud sie sogar zu sich nach Hause ein, um mit ihnen zu diskutieren. Dass einer von ihnen gegen die Grundregeln wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen könnte, kam ihm nie in den Sinn.

Jetzt ermittelt die Universitätskommission gegen mögliche Versäumnisse des Professors bei der Begutachtung von zu Guttenbergs Dissertation. Der ehemalige Verteidigungsminister wird sich wohl zuallererst bei seinem Doktorvater entschuldigen müssen. aga

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.