Meinung Zum Tag: Keine Konzessionen an den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Il

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s ist genau 60 Jahre her, seit die Welt erstmals von der er folgreichen Flucht Rudolf Vrbas und Alfred Wetzlers aus Auschwitz gehört hat, einer Flucht, die Berichte über Hitlers Vernichtungslager ans Tageslicht brachte. Vrbas und Wetzlers Aussagen zwangen Vertreter der demokratischen Welt, Tatsachen ins Auge zu sehen, die viele selbst nach Kriegsende nicht glauben wollten.

Ähnlich wie der Nazi-Holocaust (durch Schilderungen von Augenzeugen, Anm. d. Red.), wurden die Verbrechen und die brutale Realität des sowjetischen Kommunismus dank der schriftstellerischen Arbeit von Arthur Köstler, Jiri Weil und Alexander Solschenitsyn bekannt. Rithy Panh beschrieb den Terror der Khmer Rouge, Kanan Makiya schilderte Saddam Husseins brutale Gefängnisse, und Harry Wu hat versucht, die Perversion des Laogai-Systems in den chinesischen Zwangsarbeitslagern zu zeigen.

Heute belegen Aussagen tausender nordkoreanischer Flüchtlinge, die die beschwerliche Reise durch das kommunistische China ins freie Südkorea überlebt haben, die kriminelle Natur der nordkoreanischen Diktatur. Moderne Satellitenbilder zeigen eindeutig, dass Nordkorea über ein funktionierendes System von Konzentrationslagern verfügt. Bis zu 200.000 Gefangene vegetieren in den Kwan-li-so oder "politischen Strafarbeiterkolonien" oder sterben unter denselben Bedingungen, denen Millionen Gefangene in der Vergangenheit im sowjetischen Gulag-System ausgesetzt waren.

Der nördliche Teil der koreanischen Halbinsel wird vom totalitärsten Diktator der Welt beherrscht. Kim Jong Il erbte das kommunistische Regime nach dem Tod seines Vaters Kim Il Sung und hat den Persönlichkeitskult schamlos weiter gestärkt. Er unterhält eine der größten Armeen der Welt und stellt Massenvernichtungswaffen her.

Trotz Omnipräsenz von Armee und Polizei konnten zehntausende verzweifelte Nordkoreaner nach China flüchten. Internationalen Verträgen zum Trotz weigert sich die chinesische Regierung, den Flüchtlingsstatus dieser Menschen anzuerkennen. Chinesische Beamte haben es verhindert, dass das Büro des UN-Flüchtlingshochkommissars mit auch nur einem Nordkoreaner in China Kontakt aufnehmen konnte. Die chinesische Regierung jagt Flüchtlinge in den Wäldern entlang der Grenze und deportiert sie nach Nordkorea, wo die Reise im Kwan-li-so endet. All dies geschieht jetzt, und die Welt schaut untätig zu.

Einige Flüchtlinge haben Glück und schaffen es, nach Südkorea zu gelangen. Aber dort läuft ihre Existenz der von dem Land praktizierten offiziellen "Sonnenschein-Politik" total entgegen, die, obwohl gut gemeint, auf andauernden Konzessionen und Beschwichtigung basiert. Die Politik kostet Südkorea hunderte Millionen Dollar, aber sie ist nicht hilfreich beim Finden einer Lösung für das Gesamtproblem oder bei der Rettung unschuldiger Menschenleben. Letztendlich hält die Politik nur den Führer in Pjöngjang an der Macht.

Mit Hilfe seiner Millionen-Mann-Armee, Atomwaffen, Raketen sowie des Exports von Waffen und Militärtechnologie an gleich gesinnte Diktatoren auf der ganzen Welt kann Kim Jong Il die ganze Welt erpressen. Er ist bereit, sein eigenes Volk an Hunger sterben zu lassen und verwendet Hungersnöte, um jegliches Zeichen schwankender Loyalität zu seiner Herrschaft auszulöschen. Durch Erpressung erhält Kim Jong Il Nahrungsmittel und Öl, das er unter seinen Getreuen verteilt (vorrangiger Empfänger ist die Armee), während die internationale Gemeinschaft keine Möglichkeit hat festzustellen, wer innerhalb von Nordkorea Hilfe erhält.

Während Kim Jong Il fortfährt, die Welt zu erpressen, sterben unschuldige Nordkoreaner an Hunger oder sind in Konzentrationslagern eingesperrt. Jetzt ist es für die demokratischen Länder der Welt - die Europäische Union, die USA, Japan und nicht zuletzt Südkorea - an der Zeit, zu einer gemeinsamen Position zu finden. Diese Länder müssen unmissverständlich klarstellen, dass sie keine Konzessionen an einen totalitären Diktator machen werden. Sie müssen festhalten, dass Respekt vor grundlegenden Menschenrechten ein wesentlicher Bestandteil aller künftigen Diskussionen mit Pjöngjang ist. Entschlusskraft, Beharrlichkeit und Verhandlungen von einer Position der Stärke aus: Diese Dinge sind das Einzige, das Kim Jong Il und Gleichgesinnte verstehen. Hoffentlich ist das etwas, das zu erkennen die Welt keiner weiteren entsetzlichen Beweise bedarf.

Václav Havel

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