Gegen Israel stimmen kostet nichts, vielleicht bringt's aber was

Auch die jüngste Sitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf kam nicht ohne die obligate Verurteilung Israels aus. Die anti-israelische Initiative wurde erneut von Österreich mitgetragen.

Vergangene Woche tagte der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf – und tatsächlich hätte dieses Gremium aktuell ja sehr viel zu bereden. So musste die UNO zuletzt die Zahl der vermuteten Todesopfer in Syrien mit über 9000 angeben; der Großteil der Toten sind Zivilisten, die Opfer der blutigen Niederschlagung des Aufstands gegen das Assad-Regime wurden.

Ebenfalls in der vergangenen Woche berichtete die Menschenrechtsorganisation Amnesty International von einem dramatischen Anstieg der Hinrichtungen in der Welt. In den vergangenen fünf Jahren sind die Exekutionen weltweit um 90 Prozent angestiegen. In China droht die Todesstrafe für nicht weniger als 68 verschiedene Vergehen. Für den Iran kann Amnesty International die genaue Zahl der Hinrichtungen gar nicht benennen – zu hoch ist deren Dunkelziffer. Folter und Vergewaltigungen sind in iranischen Gefängnissen noch immer an der Tagesordnung.

In Saudiarabien werden nach wie vor Dieben Hände oder Füße abgehackt, Trunkenheit oder „sexuelle Abweichung“ mit öffentlicher Auspeitschung bestraft. Saudische Frauen dürfen weiterhin kein Auto chauffieren, und nur fünf Prozent von ihnen haben einen Arbeitsplatz.

Was also tun in einer solchen Situation? Auf welches Land soll man sich da zuerst konzentrieren – angesichts dieser fürchterlichen Geschehnisse, die gegenwärtig sind, die dieser Tage stattfinden? Sie haben es sicher erraten: auf Israel. Der UN-Menschenrechtsrat wurde erst vor sechs Jahren neu gegründet, um die UNO-Kommission für Menschenrechte zu ersetzen, die zur Farce geworden war. Aber schon in der Gründungssitzung wurde beschlossen, dass Israel – selbstverständlich als einziges Land – bei jeder Sitzung des Rates auf die Tagesordnung gesetzt werden müsse.

Geschätzte 50 Prozent aller Resolutionen des Rates bezogen sich seither auf Israel. Sogar die eher vorsichtigen UNO-Generalsekretäre Ban Ki-moon und Kofi Annan haben festgestellt, dass sich der Rat eher mit politischen Manövern befasse als mit Menschenrechtsfragen – und der israelisch-palästinensischen Konflikt überproportional behandelt werde.

Es gibt wohl niemanden, der dieses traurige Spiel nicht durchschaut. Von allen EU-Ländern haben jedoch einzig Belgien und Österreich für die jüngste anti-israelische Initiative des Menschenrechtsrats gestimmt.

Sehr geehrter Herr Außenminister Spindelegger! Geben Sie uns doch bitte einen klitzekleinen Hinweis, welches Kalkül hinter dieser Entscheidung steht. Was hat Sie dazu bewogen, Österreich abseits der Haltung der großen Mehrheit der EU-Staaten, allen voran Deutschlands, zu positionieren? Bruno Kreisky konnte ja noch behaupten, er wolle Österreich eine Sonderrolle in der arabischen Welt sichern; ob es das wert war, ist aus heutiger Sicht mehr als fraglich.
Aber davon ist in der heutigen Außenpolitik Österreichs ja nicht einmal mehr die Rede. Bei der SPÖ weiß man gar nicht, wer gerade außenpolitische(r) Sprecher(in) ist. Und Sie, Herr Außenminister, haben sich bisher nicht gerade durch große außenpolitische Initiativen hervorgetan. Also was ist es dann? Sagen Sie bitte, dass es nicht einfach diese Haltung ist: Gegen Israel stimmen schadet nichts, vielleicht bringt's aber einmal was!




Reaktionen senden Sie bitte direkt an: debatte@diepresse.com

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.