„Mit mir gibt es keine neuen Steuern“ Ohne Belastungen oder ohne Fekter?

Vom Fluch verbindlicher Ansagen in der Politik: George Bush, senior, verlor 1992 die Wiederwahl, weil er ein Versprechen gebrochen hatte; Finanzministerin Maria Fekter wird es da in nächster Zeit leichter haben.

"Read my lips, no new taxes“, „Nehmt mich beim Wort: Keine neuen Steuern!“ Dieser Satz beim Konvent der Republikaner vor seiner Wahl zum US-Präsidenten wurde George Bush, dem Älteren, 1988 zum Verhängnis. Er musste sein Versprechen brechen.

Nun gut, es war kein Großereignis, bei dem Finanzministerin Maria Fekter die gleiche Ansage machte, sondern ein „Kurier“-Interview. Spannend ist sie dennoch, die Ansage, nicht Fekter: „Mit mir gibt es keine neuen Steuern.“ Nachzulesen am 7.Mai 2011. Wenn es also mit Fekter keine neuen Steuern gibt, dann nur ohne sie. Dann wird sie wohl zurücktreten, wenn man sie beim Wort nimmt, oder? Es gibt nur zwei Möglichkeiten: keine neuen Steuern oder keine Fekter. Die Finanzministerin sollte das klarstellen, sobald die Geldbeschaffungsaktion der Koalition veröffentlicht wird – also „shortly without von delay“ (© Fekter), sozusagen.

In Österreich gibt es aber immer einen Ausweg aus einer derartigen politischen Zwickmühle: Es werden einfach die Begriffe so lange zerredet, bis niemand mehr den Unterschied zwischen Steuern, Abgaben, Gebührenerhöhungen etc. erkennen kann.

Die Öffentlichkeit, ohnehin darauf eingestellt, Politiker nie beim Wort zu nehmen und ihnen Flunkern jeglicher Art generös nachzusehen, wird jetzt auch langsam darauf vorbereitet. So hieß es vor der Verhandlungsrunde gestern, Freitag, die „Vermögensteuer“ der SPÖ komme sicher nicht, dafür eine Umwidmungsabgabe bei Grundstücken. Ein herrliches Beispiel der Verwirrung. Eine Steuer ist nämlich per definitionem die „Geldleistung“ eines Bürgers „ohne Anspruch auf individuelle Gegenleistung“. Eine Abgabe hingegen darf, streng genommen, nur „aufgabenbezogen“ eingehoben und „zweckgebunden“ verwendet werden.

Wer wird das aber schon so eng sehen, wenn es um das politische Schicksal Fekters geht? So kann man flugs eine neue Steuer in eine Abgabe umwandeln. Im Erfinden von Begriffen zur Verschleierung neuer oder höhere Steuern zwecks Einnahmenbeschaffung sind wir ohnehin sehr erfinderisch: Ob das nun besagte Umwidmungsabgabe oder ein Arbeitsplatzsicherungsbeitrag oder ein Solidaritätszuschlag für Besserverdienende ist. Das klingt zwar alles sehr kreativ, ist aber im Grunde nichts anderes als die Einführung neuer Steuern, die in den allgemeinen Haushaltstopf kommen und keinesfalls zweckgebunden sind.

Mit der Einführung eines Solidaritätsobulus für Champagnerfans könnte die ÖVP auch eine neue Steuer auf Luxusgüter wegreden. Obwohl: Die Sache mit der höheren Mehrwertsteuer auf Luxusgüter hatten wir schon einmal, nämlich 2008, bekannt geworden als Wachteleierproblem.

Jede Wette, dass sich Maria Fekter und ihr Freundeskreis in der ÖVP wortreich aus diesem Dilemma herauswinden werden! Aber das müsste die Finanzministerin gar nicht. Sie hat nichts mehr zu verlieren – jedenfalls keine Popularität. Trotz des offensichtlichen Hangs der Steuerzahler zum Masochismus ist Fekter im Gegensatz zu den meisten ihrer Vorgänger nicht populär geworden.

Sollte sie keinen Ausweg sehen, wie sie aus der Festlegung des Vorjahrs wieder herauskommt, bleibt ihr immer noch das berühmte Konrad-Adenauer-Zitat: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“


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Zur Autorin:

Anneliese Rohrer ist Journalistin in Wien: Reality Check http://diepresse.com/blog/rohrer

Der nächste Mutbürger-Stammtisch findet am Montag, den 13. Februar, um 17 Uhr im Burgkino in Wien statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2012)

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