Unwissen oder Ungeschick in der Regierung: Ein Hochegger muss her!

Faymann & Spindelegger haben eine veritable Kommunikationsschwäche. Sie wissen nicht, was die Koalition schon erledigt hat, wie man Kritik abwehrt und den Eindruck des Abzockens vermeidet.

In den Zentralen von SPÖ und ÖVP und in den Kabinetten von Werner Faymann und Michael Spindelegger müsste es jetzt eigentlich ein Köpferollen geben. Wer so unprofessionell arbeitet, dass die Chefs ohne Notwendigkeit im Regen stehen, hat seine Unfähigkeit ausreichend bewiesen.

So darf es einfach nicht passieren, dass der Bundeskanzler bei der Frage, wie viel die Parteien im Zuge des Sparpakets bei sich selbst sparen, den Eindruck erweckt, dass er a) nicht weiß, wie er antworten soll, b) eine sachlich falsche Antwort gibt und c) die Chance zur – für die Koalition günstigen – Reaktion versäumt. Die Rede ist von der staatlichen Parteienfinanzierung.

Beim Ministerrat dieser Woche stammelte Faymann etwas von Einsparungen, Ermessensausgaben und Angelegenheiten der einzelnen Ressorts. Und sein Vize Spindelegger blickte stumm im Saal herum. Faymanns Gehilfe, Staatssekretär Josef Ostermayer, bemühte sich danach um Schadensbegrenzung: Das Bundeskanzleramt werde seinen Fördertopf reduzieren, es werde von den 3,5 Millionen Euro sehr wohl etwas eingespart werden.

Welch ein PR-Desaster! Die staatliche Parteienförderung macht zurzeit rund 170 Millionen Euro auf Bundes- und Landesebene aus und ist die höchste in der EU. Wen soll da eine Million aus einem Fördertopf beeindrucken? Überdies ist die staatliche Parteienfinanzierung keine Ermessenssache, wie Faymann glauben machen wollte, sondern staatlich vorgeschrieben und nur per Gesetz zu ändern. Was die Sache aber noch schlimmer macht: Die Regierungsspitze wusste offenbar gar nicht, dass das Thema 2010 bis 2014 bereits erledigt, die staatliche Parteienförderung eingefroren und im Bund sogar per Gesetz um 7,5 Prozent reduziert wurde. Die Länder sind eine andere Sache!

Gut, ein Bundeskanzler kann sich nicht alles merken – auch nicht das Einfrieren der Bezüge von Regierungsmitgliedern und Mandataren seit vier Jahren. Aber er müsste Berater haben, die mögliche Kritik voraussehen und die richtige Reaktion parat haben. Auch Spindelegger dürften die Beschlüsse aus 2010 entfallen sein, sonst wäre er am Dienstag Faymann ins Wort gefallen und hätte die Situation mit der richtigen Antwort gerettet.

Selbst scharfe Kritiker des österreichischen Parteienfinanzierungssystems wie der Politologe Hubert Sickinger verstehen nicht, warum die Koalition jene Kürzungen aus 2008/10, „die wirklich wehtun“, nicht kommuniziert. Die Antwort dürfte so simpel wie beunruhigend sein: weil die Laura Rudas', die Günther Kräuters, die Johannes Rauchs und alle Pressesprecher dieser Koalitionswelt ihr Handwerk nicht beherrschen.

Wenn gleichzeitig ein Peter Hochegger als Mr. Public Relation im U-Ausschuss seine raffinierten Methoden darlegt, kommt der Gedanke auf: Der Mann könnte seine Talente besser und weniger zwielichtig einsetzen. Faymann & Spindelegger brauchen dringend jemanden, der sie mit allen relevanten Fakten versorgt.

So aber mussten sie sich den Hohn gefallen lassen, den Parteien selbst kein Sparpaket zugestellt, sondern nur den Bürgern eines auf den Tisch geknallt zu haben – und den Vorwurf, das Ansehen der Politik weiter zu schädigen. Deshalb ab mit den Mitarbeitern auf den freien Arbeitsmarkt! Wir wollen da gar nicht an den Spruch erinnern: Zweitklassige Chefs suchen sich drittklassige Mitarbeiter.


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Zur Autorin:

Anneliese Rohrer ist Journalistin in Wien: Reality Check http://diepresse.com/blog/rohrer

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2012)

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