Das europäische Friedensprojekt als Bedrohung des europäischen Friedens

Frankreichs nun eingeschlagener Weg in den Staatsschuldensozialismus könnte am Ende dazu führen, dass einander Deutsche und Franzosen wieder so richtig hassen lernen.

Die Franzosen haben gerade mit klarer Mehrheit einen sozialistischen Staatspräsidenten und eine sozialistische Regierung gewählt, die zügig und mit großem Engagement daran arbeiten, das Land wirtschaftlich gegen die Wand zu fahren.

Angesichts eines künftigen Spitzensteuersatzes von 75 Prozent für Topmanager erwägen Konzernzentralen bereits, ins nichtsozialistische Ausland abzuwandern, wohlhabende Private emigrieren in die Schweiz. Angesichts prohibitiver Strafzahlungen bei Kündigungen wird von Firmen kaum noch Personal engagiert. Trotz einer Staatsquote von 56 Prozent und exzessiver Staatsschulden sollen noch zehntausende neue Beamte eingestellt und das Pensionsalter gesenkt werden.

Man braucht keinen Hauptschulabschluss, um zu erkennen, wo dieser staatschuldensozialistische Kurs eher früher als später hinführen wird: in ein völliges wirtschaftliches Desaster – so wie schon nach 1981 der erste Versuch französischer Sozialisten unter François Mitterrand, eine Art charmantere DDR mit guter Rotweinversorgung auf französischem Boden zu errichten.

Nun ist es das gute Recht der Franzosen, nichts aus der Geschichte zu lernen, sich einen ökonomischen Sprengstoffgürtel umzuschnallen und per demokratischer Wahl zu zünden. Blöderweise aber versucht die Eurozone unter dem Druck ihrer Gläubiger gerade desperat, so etwas wie eine Schuldenwohngemeinschaft zu werden, in der letztlich alle für alle haften und die Schulden aller die Schulden aller sind, auch wenn sich Deutschland da noch sträubt. Dadurch wird der französische Wirtschaftssuizid aber endgültig eine Problem der ganzen Euro-WG. Denn am absehbaren unerquicklichen Ende des Staatsschuldensozialismus wird der Versuch Frankreichs stehen, sich zum Zwecke der Konkursvermeidung Angela Merkels (oder wer auch immer dann Bundeskanzler sein wird) Gold Card zu schnappen; so wie das heute Griechen, Portugiesen und Spaniern ja recht erfolgreich gelingt.

Da stellt sich ernsthaft die Frage, ob in dieser europäischen Schuldenunion, die noch dazu am Rande der demokratischen Legitimität erzwungen wird, nicht zusammenwachsen wird, was ganz und gar nicht zusammengehört.

Es wird ein historisch überaus interessantes Experiment sein, wenn Deutschland unter den Bedingungen einer Fiskal- und Schuldenunion in ein paar Jahren das von den Sozialisten in die Pleite geführte Frankreich großflächig alimentieren muss – und sich die Grande Nation, atomare Siegermacht des Zweiten Weltkrieges, von einem als Brüssel getarnten Berlin die Kürzungen seines Budgets diktieren lassen muss.

Jener Hass, der Deutschland und seiner Kanzlerin nicht nur in Athen in diesen Tagen entgegenschwappt, war vermutlich eine harmlose Kostprobe jener Antipathien, die dann zwischen Deutschen und Franzosen hochlodern würden: ein wahrer Triumph des Friedensprojektes EU.

Da stellt sich mittlerweile – leider – die Frage, ob ein Ausstieg Deutschlands und des ihm verbundenen Stabilitätsblocks (inklusive Österreichs) aus der Eurozone nicht ein größerer Beitrag zum Frieden in Europa wäre als die Errichtung einer Schuldenunion mit den französischen Freunden und ihren suizidalen ökonomischen Ambitionen.


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("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2012)

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