Österreichs unternehmerische Menschen brauchen eigene Partei

Sogar Frankreichs Präsident hat kapiert, dass nur steuerliche Entlastung der Unternehmen für Wachstum sorgt. In Wien hingegen interessiert das niemanden.

Österreichs Selbstständige und Gewerbetreibenden werden dank der entfesselten Steuerschraube der Bundesregierung zwar ab heuer um bis zu ein paar tausend Euro pro Jahr ärmer, so es bei den derzeit bekannten Plänen bleibt, aber dafür um eine Gewissheit reicher: Dass ihre Interessen von keiner der jetzigen Parteien auch nur annähernd ausreichend vertreten werden. Genau das ist ja auch der Grund, warum SPÖVP meinen, diese gesellschaftliche Gruppe ungeniert ausplündern zu dürfen.

„Was wir brauchten“, brachte es dieser Tage einer der von den Langfingern auf der Regierungsbank bedrohten Unternehmer auf den verzweifelten Punkt, „wäre so einer wie der sture Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer. Mit so einem wären solche Belastungen undenkbar.“ Und zwar nicht nur im Interesse der Selbstständigen, sondern letztlich des ganzen Landes.

Selbst der langjährige ÖVP-Wirtschaftspolitiker Michael Ikrath spricht angesichts des frechen Angriffs auf die Kleinunternehmer vom „Standort-Dilettantismus der Regierung der wirtschaftlich Ahnungslosen“ und unterstellt dieser Regierung als Motiv richtigerweise „Cash as cash can“. Sogar Frankreichs durch und durch sozialistischer Staatschef François Hollande hat mittlerweile erkannt, dass nur eine finanzielle Entlastung der Unternehmen Wirtschaftswachstum und damit Jobs generieren kann; eine Erleuchtung, die der neue ÖVP-Finanzminister im besseren Falle noch vor sich hat.

Das ortsübliche Geraunze allein, so berechtigt und lautstark es auch ist, wird da keine Abhilfe schaffen. Was Österreichs Selbstständige brauchen, ist eine neue politische Kraft, die fokussiert ihre Interessen vertritt. Von der SPÖ (und weitgehend den Grünen, vor allem in Wien) ist das ja nicht erwartbar; und seit die ÖVP ihre Wirtschaftskompetenz entsorgt hat und zu einer Art Lodensozialdemokratie des agrarisch-pragmatisierten Milieus geschrumpft ist, genauso wenig. Die FPÖ wiederum ist mit ihrem Kleine-Leute-Tick geradezu genetisch unternehmeravers und steht ideengeschichtlich ja eher in einer sozialistischen Tradition, diesfalls halt nationaler Spielart.

Ob die Neos gut beraten wären, sich auf die Vertretung der Interessen der Selbstständigen zu verengen, darf bezweifelt werden. Als Flügelheber wird Mathias Strolz in diesem Zusammenhang daher nur bedingt taugen; auch wenn er eine herrliche Nervensäge gegen die Regierung geben könnte und die Probleme dieser Gruppe ja auch aus eigener beruflicher Erfahrung kennt. Dem Team Stronach (TS) hingegen könnte es eine interessante und nicht eben kleine Zielgruppe bescheren, firmierte es auf „Team Selbstständig (TS)“ oder so um und mauserte sich zur Lobby dieses geplagten Menschenschlags.

Dass sich eine solche Selbstständigenpartei, ähnlich wie früher die Grünen oder zuletzt die Neos, einfach deshalb aus dem Nichts heraus begründet, weil auf dem Marktplatz der Wählerstimmen Bedarf nach ihr herrscht, ist hingegen nahezu auszuschließen. Und zwar aus Gründen der Logik:

Die allermeisten Selbstständigen sind derart stark damit beschäftigt, Sozialversicherungsbeiträge, Steuern, Abgaben und wenn möglich noch etwas Taschengeld für ihren Lebensunterhalt zu verdienen, dass ihre Lust, sich auch noch als Parteigründer und Organisatoren zu betätigen, im Regelfall irgendwo bei null liegen dürfte. (Sie sind übrigens damit das genaue Gegenteil der Lehrer, deren komfortables Zeitbudget es ihnen unter anderem offenbar ermöglicht, sich gewerkschaftlich außerordentlich effizient zu organisieren, bei Bedarf ganze Tsunamis an Leserbriefen im XXL-Format loszulassen und so ihre Interessen recht robust gegen jene der Republik durchzusetzen.)

Von „wesentlichen Belastungen für Unternehmen“ spricht selbst der Begutachtungsentwurf der Bundesregierung zu den neuen Steuerschikanen. Es werden nicht die letzten sein, gelingt es den Betroffenen nicht, endlich ihre legitimen Interessen zu vertreten.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2014)

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