Den Steuerzahler ausplündern ist keine besondere Leistung

Warum die Behauptung, die österreichische Regierung habe die Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre besonders gut gemeistert, eher wenig faktenbasiert ist.

Es ist gleichsam ein politischer Pawlow'scher Reflex, der den Bundeskanzler zuletzt immer dann überfällt, wenn ein Mikrofon und eine Kamera in seinem Blickfeld auftauchen: Österreich, pflegt er dann sofort zu sagen, hat die Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre besonders gut gemeistert.

Noch mehr Lob, als der Kanzler sich selbst spendet, hat ausgerechnet „Profil“- Kolumnist Peter Michael Lingens der Krisenpolitik der Regierung gegönnt: „Gemessen an den dafür relevanten Zahlen hat Österreich die aktuelle Krise innerhalb der EU [...] am besten gemeistert“, urteilt er. Sein gewichtiges Argument: Während die Staatsschulden selbst bei den tüchtigen Deutschen zwischen 2008 und 2013 um 14,5 Prozentpunkte gestiegen seien, wären sie in Österreich bloß um 10,5 Prozentpunkte angewachsen.

Das ist – auch wenn wir höflich den kleinen Umstand beiseiteschieben, dass Österreich, anders als die Bundesrepublik, sich bekanntlich nicht mit einem bankrotten kommunistischen Nachbarstaat zu irren Kosten wiedervereinigt hat – ein Argument, das Herrn Faymanns Mantra vom Musterschüler Österreich im Fach Krisen-Durchwursteln zu stützen scheint.

Nicht ganz undenkbar ist freilich auch, dass die im Vergleich zu Deutschland relativ moderate Neuverschuldung Österreichs in den zurückliegenden Krisenjahren einen weit weniger erfreulichen Grund hat. Denn während in Deutschland die Schuldenlast vergleichsweise flott anstieg, kletterte in Österreich die Steuer- und Abgabenquote recht dramatisch nach oben. Krallte sich der Staat 2007 noch 43,2 Prozent des erarbeiteten Wohlstands, waren es 2013 bereits 45,1 Prozent. Tendenz dank der neuen Abzock-Attacken des Finanzministers weiter steigend. Dabei geht es um gewaltige Beträge: Eine um zwei Prozent höhere Abgabenquote bedeutet im wirklichen Leben ja, dass der Staat seinen Bürgern um rund sechs Milliarden Euro mehr wegnimmt – und zwar Jahr für Jahr.

In Deutschland hingegen blieb die Abgabenquote in den zurückliegenden Krisenjahren nahezu konstant (2007: 40,0, 2013: 40,3 Prozent). Das heißt: Österreichs zusätzliche Verschuldung wuchs zwar langsamer als jene unserer Nachbarn – aber dafür nahm der Staat seinen Bürgern Jahr für Jahr einen immer größeren Teil ihres Einkommens weg.

Deutschland hat also per Saldo heute zwar (auch wiedervereinigungsbedingt) hohe Schulden, aber vergleichsweise niedrige Abgaben, Österreich hingegen hat fast ebenso hohe Schulden und dazu auch noch hohe Abgaben und Steuern. Was daran die überlegene Wirtschaftspolitik sein soll, erschließt sich dem Laien nicht augenblicklich. Ähnliches gilt auch für andere wichtige ökonomische Messwerte.

So sank etwa die Arbeitslosenrate in Deutschland zwischen 2007 und 2013 von 8,7 auf 5,4 Prozent, während sie im Österreich des bekanntlich unermüdlich um jeden Arbeitsplatz kämpfenden Sozialdemokraten Werner Faymann von 4,4 auf 5,1 Prozent anstieg, Tendenz weiter aufwärts. Überlegene Wirtschaftspolitik? Na ja.

Auch der Preisanstieg, unter dem bekanntlich gerade die sozial Schwächeren besonders zu leiden haben, gibt keinen Anlass zu besonderem Stolz am Ballhausplatz: Mit 2,2 Prozent fiel er hierzulande um fast die Hälfte höher aus als im Durchschnitt der Eurozone, was nicht zuletzt an der Abgabengier der öffentlichen Hände liegt.

Nicht eben gestützt wird die These von der überlegenen Krisenstrategie Österreichs auch, wenn man nur die unmittelbaren Kosten der Bewältigung der Finanzkrise zum Maßstab nimmt. So schätzen Ökonomen, dass in den USA rund ein Prozent des Bruttosozialproduktes zur Bekämpfung der Subprime-Krise aufgewendet worden ist. In Österreich hingegen wird allein die Hypo Alpe Adria den Steuerzahler mindestens zwölf Milliarden kosten, was happigen vier Prozent des Bruttosozialproduktes entspricht. Eine Meisterleistung im Fach Krisenbewältigung haben wir uns anders vorgestellt.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2014)

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