Was Österreich fehlt, ist eine seriöse rechte Partei

Zwischen der sozialdemokratisierten ÖVP und der Radau-FPÖ tut sich eine ziemliche politische Marktnische auf.

Hierzulande haben vermutlich nur einige wenige politische Feinspitze registriert, was deutsche Demoskopen am Abend der Wahlen im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern so alles über die tieferen Motive der Wähler herausbekommen haben. Dort hat ja bekanntlich die neue rechte Protestpartei AfD Merkels regierende CDU ziemlich demütigend überrundet, der Merkel'schen Willkommenskultur sei Dank.

Interessantes Detail dieses Erdrutsches: Ein großer Anteil der verbliebenen CDU-Wähler, aber auch ein signifikanter Anteil jener, die diesmal AfD gewählt haben, gaben an, sie hätten eigentlich lieber eine andere Partei gewählt, wäre das möglich gewesen. Nämlich die nur in Bayern präsente Christlich-Soziale Union (CSU), die in Mecklenburg-Vorpommern im Nordosten Deutschlands nicht auf dem Wahlzettel stand.

Bemerkenswert ist das deswegen, weil es doch stark darauf hindeutet, dass eine große Zahl bürgerlicher oder konservativer Wähler sowohl CDU als auch AfD aus einer gewissen Verlegenheit gewählt haben. Und zwar, weil sie sich in Wahrheit eine bürgerliche Partei wünschen, die nicht so sozialdemokratisch kontaminiert ist wie Merkels CDU, aber auch nicht so grobschlächtig-rechts-außen wie die AfD. Eine Partei eben, wie sie die CSU noch am ehesten darstellt.

In Österreich ist das mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht anders als in Mecklenburg-Vorpommern. Zwischen der ÖVP einerseits, die im Lauf des vergangenen Jahrzehnts genauso wie ihre deutsche Schwesterpartei stark sozialdemokratisiert worden ist und heute manchmal wie eine Lodenlinke daherkommt, und der FPÖ andrerseits, die für ernsthafte bürgerlich-konservative Wähler so wenig politische Heimat sein kann wie in Deutschland die AfD, klafft eine erhebliche politische Lücke. Österreich fehlt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine im herkömmlichen Spektrum rechts angesiedelte Partei ohne jede Nähe zu jenem ewiggestrigen Gedankengut, das mit gutem Grund verpönt ist und das von der FPÖ gern bedient wird. Personell würden in einer derartigen Partei im Idealfall jene Bürger die Spitzenfunktionen innehaben, die gezeigt haben, dass sie die Politik nicht brauchen, um Geld zu verdienen, sondern ihr Auskommen finden, weil sie es in ihrem Beruf zu etwas gebracht haben. In der ÖVP ist das derzeit eher nicht durchgängig so, dort sind erfolgreiche Selbstständige, Manager, Ärzte, Juristen, Wissenschaftler oder Facharbeiter in den Führungsfunktionen ja nicht wirklich übermäßig stark vertreten.

Inhaltlich ein paar wuchtige Pflöcke einzuschlagen sollte angesichts der ideologischen Beliebigkeit der ÖVP kein wirklich unüberwindbares Problem sein. Eine derartige Partei würde sich unmissverständlich als Vertretung der Minderheit derer positionieren, die den Staat durch ihre Leistung finanzieren – nicht jener, die Nettoprofiteure der Umverteilungsmaschine sind. Eine derartige Partei würde den Staat durch Privatisierungen radikal beschneiden, anstatt sich möglichst viel Einfluss auf ihn und seine vielen Metastasen zu sichern.

Eine derartige Partei würde den Schuldenkurs der Republik nachhaltig brechen und mit dem Schuldenabbau beginnen. Eine derartige Partei würde nicht dauernd die Einnahmen des Staates erhöhen, sondern seine Ausgaben heftig reduzieren. Eine derartige Partei würde die Reglementierungen des Erwerbslebens drastisch verringern. Und: Eine derartige Partei würde dem Einzelnen nicht nur viel mehr Freiraum dafür lassen, wie er sein Leben zu gestalten wünscht – sie würde ihm auch die damit verbundene Verantwortung zurückgeben, die ihm der fürsorgliche Nanny-Staat mehr und mehr wegnimmt. Und ja, eine derartige Partei würde für die Zuwanderung Qualifizierter, aber auch für eine Abschottung gegen die aktuelle Völkerwanderung plädieren.

Eine derartige Rechts-Partei sollten eigentlich auch jene für wünschenswert halten, die mit einem derartigen Gedankengut nichts am Hut haben. Denn nur eine vernünftige Rechts-Partei ohne historisch strengen Geruch trägt dazu bei, dass der Wähler nicht aus Verzweiflung so wählt wie soeben in Nordostdeutschland.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

Zum Autor:

Christian Ortner ist Kolumnist und Autor in Wien. Er leitet „ortneronline. Das Zentralorgan des Neoliberalismus“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2016)

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