Wer ist verantwortlich für den Tod von Maria L.?

Eine junge deutsche Studentin wäre heute wohl noch am Leben, hätte der Staat seine Grenzen so geschützt, wie er das von Rechts wegen müsste.

Am 16.Oktober 2016 wird in der deutschen Universitätsstadt Freiburg die 19-jährige Maria L. auf dem Heimweg von einer Party zuerst vergewaltigt und anschließend in einem nahen Gewässer ertränkt. Die Fahndung nach dem Täter verläuft zunächst erfolglos. Am vergangenen Freitag dann nimmt die Polizei den mutmaßlichen Vergewaltiger und Mörder jedoch aufgrund eines DNA-Nachweises fest.

Es handelt sich um einen (angeblich) 17 Jahre alten Mann aus Afghanistan, der im vergangenen Jahr als Schutzsuchender nach Deutschland eingereist ist. Der unbegleitete Jugendliche hatte seither bei einer Gastfamilie in Freiburg gelebt. Fakten, anhand derer sich eine einfache Frage stellt: Wäre Maria L., die sich selbst seit dem vergangenen Herbst in der Flüchtlingshilfe engagiert hat, heute noch am Leben, wenn entweder die EU ihre Außengrenze gegen illegale Zuwanderer so geschützt hätte, wie das ihre Pflicht war (und ist) – oder wenn ersatzhalber der deutsche Staat die Grenzen der Bundesrepublik vor der massenhaften Migration geschützt hätte?

Die Frage, ob Maria L. letztlich ein Opfer der Willkommenskultur geworden ist, wird in Deutschland nun mit Recht ernsthaft erörtert. Denn die schiere Logik legt – ganz unabhängig von den jeweiligen persönlichen Ansichten – den Schluss nahe: Ohne die weit offenen Grenzen wäre der Afghane nicht nach Deutschland gekommen und hätte daher auch nie die Tat begehen können; Maria L. wäre dann noch im Leben.

Dies – wie der Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne) – mit dem üblichen „Bedauerlicher-Einzelfall“-Argument wegzuwischen, ist eher unredlich. Denn erstens haben sich „Einzelfälle“ aller Art nun doch schon ziemlich gehäuft, und zweitens änderte ja auch ein tatsächlicher Einzelfall nichts an dem Kausalzusammenhang.

Beherzt hat das Rainer Wendt, der Chef der deutschen Polizeigewerkschaft, auf den Punkt gebracht: „Dieses (Maria L., Anm.) und viele andere Opfer würde es nicht geben, wäre unser Land auf die Gefahren vorbereitet gewesen, die mit massenhafter Zuwanderung immer verbunden sind“, sagte er in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung. Und fügte hinzu: Während Angehörige trauerten, würden die Vertreter der Willkommenskultur schweigen.

So ist es. Der Tod von Maria L. ist letztlich grob fahrlässigem politischen Versagen geschuldet. Ein Versagen, für das freilich niemand die Verantwortung übernimmt, schon gar nicht jene, die damals Verantwortung trugen und zum Teil noch immer tragen. Weit und breit niemand, den die Angehörigen des Opfers zur Rechenschaft ziehen könnten.

Nun könnte man ja als Verantwortliche(r) der damaligen Willkommenskultur der Meinung sein, die mittlerweile klar gewordenen schweren Probleme für die Zielländer der Zuwanderer seien geringer zu gewichten als der allfällige Nutzen, der durch diese Zuwanderung längerfristig entstünde. Es wäre dies sozusagen das Kollateralschaden-Argument, wie es ja auch im Kriegsfall angewandt wird. Nur, keiner(r) der zumindest indirekt für den Tod von Maria L. Verantwortlichen argumentiert so.

Doch kann man allen Ernstes den Tod auch nur eines einzigen Menschen billigend in Kauf nehmen als Preis einer Einwanderungswelle? Dass dergleichen früher oder später geschehen würde, war ja schon lang jedem auch nur halbwegs vernünftig denkenden Menschen klar. Auf Unwissen kann sich da niemand berufen.

Durchaus ins Bild passt auch, wie das öffentlich-rechtliche Umerziehungsfernsehen über den Fall berichtet hat: Die ARD- „Tagesschau“, Flaggschiff der deutschen Fernsehnachrichten, verschwieg ihn vorerst einfach. Und begründete das später mit der „bloß regionalen Bedeutung“ des Falles und wies auf die Schutzinteressen des jugendlichen Täters hin. Ganz sicher ein höchst tauglicher Versuch, das schwer ramponierte Vertrauen in die Medien wiederherzustellen.

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Zum Autor:

Christian Ortner ist Kolumnist und Autor in Wien. Er leitet „ortneronline. Das Zentralorgan des
Neoliberalismus“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2016)

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