Niels Bohr, Ronald Reagan und Donald Ducks Autokennzeichen

Natürlich ist es ein Unsinn zu glauben, es gebe Glückszahlen. Aber es schadet wenigstens nicht, sich beim Auftauchen von 13 und drei zu freuen.

Der heutige 13.März, im Amerikanischen mit 313 (three-thirteen) abgekürzt, ist ein Tag, an dem an Triskaidekaphobie Leidende (das sind Menschen, die vor 13, griechisch triskaideka, erschaudern) am besten im Bett bleiben. Schon die abergläubischen Römer verschoben im März, dem Kriegsgott Mars gewidmeten ersten Monat ihres Jahres, den üblicherweise auf den 13. Monatstag fallenden Idus, den Tag des Vollmonds, auf den 15.

Der 13. März ist der Geburtstag des notorischen Pechvogels Donald Duck. Daher haben die begnadeten Erzähler der Geschichten aus Entenhausen, Charles Alfred Taliaferro und Carl Barks, dem kleinen roten Auto, mit dem Donald zusammen mit seinen drei Neffen oder seiner ewigen Verlobten Daisy durch die Gegend tuckert, das Kennzeichen 313 gegeben. Kein anderes Kennzeichen passt so gut wie dieses: drei mal 13 symbolisiert ein dreifaches Unglück.

Als geheimer „Donaldist“ leiste ich mir den privaten Aberglauben, dass der Tag gerettet ist, wenn ich ein Auto erblicke, in dessen Kennzeichen die Zahl 313 verwoben ist. Selbstverständlich ist es eine lächerliche Marotte. Sie schadet nicht. Im Gegenteil: Wenn die palindromische Primzahl 313 genauso wie homöopathische Pillen einen Placebo-Effekt hervorruft, nützt mir mein kleiner Aberglaube. Und er ist im Gegensatz zu den Pillen kostenlos.

Meine Haltung zum Aberglauben eifert jener des großen dänischen Physikers Niels Bohr nach, der einer schönen Anekdote zufolge einmal in seinem Haus von einem Kollegen besucht wurde. Über dem Eingang zum Haus hing ein Hufeisen, was den Besucher maßlos erstaunte: „Sie, Herr Bohr, und ein Hufeisen? Glauben Sie etwa im Ernst daran, dass es Glück bringt?“ Niels Bohr antwortete: „Selbstverständlich nicht! Aber ich habe mir sagen lassen, es hilft auch dann, wenn man nicht daran glaubt.“

Nicht wenige jedoch sind dem Aberglauben heillos verfallen. Die aufgeklärte Welt war völlig erstaunt, als man erfuhr, dass der Terminkalender des damals mächtigsten Mannes der Welt, des US-Präsidenten der 1980er-Jahre, Ronald Reagan, von der Astrologin seiner Frau Nancy sorgfältig geplant und eingeteilt wurde.

Lammfromm befolgte Reagan die Anweisungen seiner abergläubischen Frau. „Während die First Lady ihre Augen auf die Sterne richtete, hatte der Präsident seinen Kopf in den Wolken“, schrieb damals das sonst Reagan-freundliche „Wall Street Journal“. Umso erstaunlicher ist es, dass Reagan jener erfolgreiche Präsident der USA war, der in Berlin in Richtung Osten die Worte „Mr. Gorbachev, tear down this wall!“ rief – und tatsächlich: Ein Jahr nach seiner Präsidentschaft verschwand die Mauer. Gläubige der Astrologie finden bei ihm und seiner Gattin reichlich Stoff zur Unterlegung ihrer Überzeugung.

Natürlich belegen nüchterne Experimente, dass Esoterik Mumpitz ist. Doch es ist gar nicht so sehr die Statistik, die den Aberglauben als Unsinn entlarvt. Es ist vielmehr die Einsicht, dass all jene Regeln und Verfahren, welchen dem Aberglauben Ergebene mit peinlicher Akribie folgen – das Vermeiden, im 13. Stockwerk eines Hauses zu wohnen, sich in die 13. Reihe eines Flugzeugs zu setzen, bei der Begegnung mit einem Schornsteinfeger mit der rechten Hand den Knopf seines Anzugs zu berühren, Misteln in Häusern aufzuhängen, um die Bewohner vor Hexen zu bewahren –, erbärmlich platt sind. Es ist schlicht die trostlose und zugleich lächerliche Banalität des Aberglaubens, die dazu zwingt, ihn nicht ernst zu nehmen.

Dennoch kann ich mich nicht von der Sichtweise Bohrs lösen. Es kommt nämlich nicht nur darauf an, wie die Dinge sind, sondern auch darauf, wie wir sie sehen – und da sind dem Irrationalen Tür und Tor geöffnet. Am heutigen 13. März habe ich just um 13 Uhr 30 einen wichtigen Termin wahrzunehmen. Es wäre doch gelacht, wenn die dabei geführte Verhandlung nicht erfolgreich verläuft.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

Zum Autor:

Rudolf Taschner
ist Mathematiker und Betreiber des math.space im
quartier 21, Museumsquartier Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2014)

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