Pfiffiges Geburtstagskind und Vater von zwei Missverständnissen

Erich von Däniken wurde reich, weil viele den Jahrhunderte vor uns Lebenden nicht jene fantastischen Leistungen zutrauen, die diese damals erbracht haben.

Dienstag dieser Woche konnte Erich von Däniken, gelernter Hotelier, aber seit fast 50 Jahren als Buchautor bekannt, seinen 80. Geburtstag feiern. Als Dreißigjährigem kam ihm die Geschäftsidee seines Lebens: den Menschen weismachen zu wollen, dass sie im All nicht allein sind.

Das wollen sehr viele gern hören: Irgendwo gibt es Außerirdische, die nicht wie wir in ein irdisches Jammertal verbannt sind, sondern ein Paradies behausen. Aber noch mehr wollte Däniken seiner ihm an den Lippen klebenden Fangemeinde mitteilen: Die Außerirdischen waren schon hier, und wer weiß – vielleicht werden sie bald wieder kommen.

1968 machte sein Buch, das sich mit dieser Hypothese befasste und dessen Veröffentlichung zuvor 20Verlage abgelehnt hatten, Däniken innerhalb kürzester Zeit zum Auflagenmillionär. Damit konnte er sich Reisen in die entlegensten Winkel der Welt leisten und dort, abgesehen von den Annehmlichkeiten des Jetset-Daseins, neues Material für seine Thesen sammeln und im Schneeballverfahren seine Geschäftsidee noch besser vermarkten.

Zum Beispiel fand er heraus, dass die Sumerer im Zweistromland bereits vor 4000Jahren wussten, dass die Zeitspanne von einem Neumond zum nächsten exakt 29Tage, 12 Stunden, 44 Minuten und 3 Sekunden beträgt. Wieso wussten sie das so genau, fragt er rhetorisch, da ihnen doch nur Sonnenuhren zur Verfügung standen, mit denen man die Zeit bestenfalls auf zwei Minuten genau ablesen kann?

Nur eine Antwort ist denkbar, redet er seinem Publikum ein: Raumfahrer aus dem All, die mit ihrer fantastischen Technik die synodische Umlaufzeit des Mondes bestimmten, teilten diese bei ihrem Besuch auf der Erde den sumerischen Priestern mit und beauftragten sie, diese Zahl in Stein zu hauen.

Tatsächlich gibt es dafür eine Erklärung, die Dänikens Fantasterei nicht benötigt: Wenn man davon ausgeht, das Ereignis einer totalen Sonnenfinsternis sei in grauer Vorzeit auf ein paar Minuten genau von den sumerischen Gelehrten beobachtet und in Stein gehauen worden, und wenn man der Einfachheit halber annimmt, dass sie tausend Jahre später wieder eine solche Sonnenfinsternis aufzeichneten, dann liegt die Erklärung für die genaue Berechnung der Umlaufzeit des Mondes auf der Hand: Während der tausend Jahre ist der Mond 12.370-mal um die Erde gelaufen und aus den Aufzeichnungen ergibt sich, wie viele Jahre, Monate, Tage und sogar wie viele Stunden er dafür benötigt hat. Jetzt braucht man diese Zeitdauer nur durch 12.370 zu dividieren, und heraus kommt die synodische Umlaufzeit des Mondes. Die dabei auftretende Unsicherheit beträgt höchstens eine Stunde durch 12.370 dividiert, also höchstens eine Drittelsekunde.

Als der Astronom Heinz Haber dies Erich von Däniken vorrechnete, lachte Däniken Haber nur aus. Denn Haber erlag einem Missverständnis. Er hat nicht begriffen, dass es Däniken gar nicht um die Wahrheit seiner Thesen, sondern nur um deren Vermarktung geht. Auch alle anderen scheinbaren Belege Dänikens sind auf Sand gebaut. Dem Geschäftsmodell des Autors schadet das nicht.

Es gibt noch ein zweites Missverständnis, auf dem Däniken seinen Erfolg gründet, um den ihn, ohne es zuzugeben, sicher viele sich für seriös haltende Wissenschaftler beneiden: Wir trauen denjenigen, die viele Generationen vor uns gelebt haben, nicht zu, dass sie mit außerordentlicher Raffinesse sowohl die technischen Probleme als auch die kulturellen Herausforderungen ihrer Zeit zu bewältigen verstanden.

Allein ein zweites Beispiel aus einer nicht so lang vergangenen Epoche belegt es: Bekanntlich schrieb Mozart noch am Aufführungstag die Ouvertüre zu „Don Giovanni“, die Kopisten arbeiteten rasend schnell und die Musiker spielten sie prima vista. Sie führten die Ouvertüre vortrefflich auf, denn Mozart hat es gefallen. Wieso konnten sie es so gut? Kamen sie von einem anderen Stern?

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Zum Autor:

Rudolf Taschner ist Mathematiker an der TU Wien und betreibt mit seiner Frau und mit Kollegen der TU Wien das Projekt math.space im Wiener Museumsquartier.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2015)

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