Eine Investition in die Zukunft: Junge Talente für Mint begeistern

Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik: Österreich darf im Wettbewerb der Staaten um eine gute Zukunft nicht ins Hintertreffen geraten.

Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und technische Wissenschaften: Dieses mit der Buchstabenkombination Mint bezeichnete Quartett stellt jenen Sektor universitärer Studien dar, der jungen Menschen mit großer Sicherheit eine gute Karriere versprechen – vergleichbar jener der altehrwürdigen Studien der Medizin oder der Jurisprudenz. Zwar soll niemand davon abgehalten werden, sich auf Orchideenfächer zu kaprizieren. Eine gute Zukunft jedoch garantieren diese nicht.

Allein drei Bereiche, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten der Wirtschaft die so nötigen Wachstumsschübe verleihen werden, seien genannt: Energie, Mobilität, Medizintechnik. Nicht nur die US-amerikanischen, auch die asiatischen Wissenschaftler und Ingenieure sind bestrebt, in diesen, aber auch in anderen Mint-Bereichen Pionierleistungen zu erbringen.

Sie aber werden für uns unerreichbar voranschreiten, wenn wir verabsäumen, unsere jungen Talente für die Mint-Fächer zu begeistern. Mit der unausweichlichen Folge, in morbider Schwermut zu verarmen – ja noch viel schlimmer: stillos zu verarmen, weil der überhandnehmende Trend zum Vulgären die meisten Zeitgenossen sogar der Fähigkeit beraubt, würdevoll schwermütig zu sein.

Ich bin überzeugt, dass sich viele junge Menschen der Tatsache bewusst sind, dass es nur von Vorteil für sie wäre, ein Mint-Studium zu ergreifen. Doch sie scheuen davor zurück. Oft deshalb, weil ihnen ein verzerrtes Bild dieser Wissenschaften vermittelt wird. Hinzu kommen prägende Vorurteile der Alten, die gehässigsten gegen die Mathematik: Sie sei immer schon ein Angstfach gewesen.

Manche berichten von Albträumen, dass sie noch einmal die Klausur in Mathematik bestehen müssten. Schweißgebadet erwachten sie und stellten erlöst fest, dies sei gottlob nicht wahr. Und stolz prahlen sie, erfolgreich zu leben, nachdem sie ihre Mathematikbücher weggeworfen oder verbrannt haben. Dass die Ignoranz in Mathematik immer noch als Gütesiegel für Kultur und Feingefühl betrachtet wird, ist ein Skandal sondergleichen, ja sogar noch schlimmer: Es verdirbt alle Chancen für die Zukunft.

Am schlimmsten aber ist es, wenn jemand das Studium einer Mint-Disziplin ergreifen will und im ersten Semester an der unumgänglichen Mathematik scheitert. Tatsächlich wird nämlich Mathematik an der Universität anders gelehrt als in der Schule.

Selbst jene, die bei der Matura eine sehr gute Mathematiknote erhalten haben, tun sich oft sehr schwer, die Kluft zwischen der Schulmathematik und der Universitätsmathematik zu überwinden. An der Technischen Universität Wien versucht man deshalb, in zweiwöchigen Schnellkursen vor dem eigentlichen Studienbeginn diese Hürde meistern zu helfen.

Doch noch besser ist es, wenn bereits parallel zum Schulbesuch den Jugendlichen eine Ahnung von Mathematik vermittelt wird, wie sie an den Universitäten gelehrt wird. Aus diesem Grund biete ich in diesem Wintersemester, beginnend mit dem 4. Oktober, an neun Dienstagen zwischen 17 und 18 Uhr im math.space im Museumsquartier Vorträge an, die speziell für Schülerinnen und Schüler der letzten drei Schulstufen vor der Matura gedacht sind.

Hier lernen sie, wie Mathematik aus dem Blickwinkel der Universität betrachtet wird. Hier erfahren sie, dass nicht die Kompetenz im Rechnen, sondern das Verstehen im Zentrum steht. Hier sollen sie in ihrer Absicht bestärkt werden, eine der Mint-Disziplinen als Basis für ihr künftiges berufliches Leben zu wählen.

Sie schaffen sich damit nicht nur ein erfolgversprechendes persönliches Avancement, sie tragen überdies dazu bei, dass Österreich im Wettbewerb der Staaten um eine gute Zukunft nicht im Mittelfeld oder gar in der Nachhut landet.

Danach liegt es an den Universitäten, neben der Forschung die Lehre ernst zu nehmen und die Erwartungen der jungen Studenten sogar zu übertreffen.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Zum Autor:

Rudolf Taschner
ist Mathematiker

an der TU Wien und betreibt mit seiner Frau und Kollegen
der TU Wien das Projekt Math.space im Wiener
Museumsquartier.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2016)

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