Die geschichtsträchtigen 17er-Jahre 1717: Prinz Eugen & Maria Theresia

Nur durch Prinz Eugens Siege war es im Donauraum möglich, dass die Aufklärung Fuß fasste. Und selbst die konservative Kaiserin hinderte nicht ihr Erstarken.

Das Jahr 1717 war ein gutes Jahr für die Habsburger-Monarchie. 1717 war das Jahr des Prinzen Eugen, eines exzeptionellen Feldherrn, der in einem Atemzug mit Alexander dem Großen und Julius Caesar genannt werden darf. Von Sieg zu Sieg führte Eugen das Heer des Kaisers: Zenta, Carpa und Chiari, Höchstädt, Turin, Oudenaarde, Malplaquet, Peterwardein, Temeswar sind die Orte von Siegen, die Europa zutiefst beeindruckt haben.

Am 13. Mai 1717 bricht Eugen von Wien auf, um die osmanisch beherrschte Festung Belgrad zu erobern. Zuvor schenkte Karl VI., jener Kaiser, den Eugen wie einen „strengen Herrn“ empfand (ganz im Unterschied zu Leopold I. und Joseph I., die ihm wie ein „Vater“ und ein „Bruder“ waren), dem Prinzen ein mit Diamanten reich besetztes Kruzifix: Er zweifle nicht, schmeichelte Karl, dass der Prinz unter diesem Zeichen siegreich sein werde. Und in der Tat kapitulierte die türkische Armee am 16. August. Das bis heute überlieferte Volkslied von „Prinz Eugen, dem edlen Ritter“ erzählt die Geschichte dieser Schlacht.

Damals war ein Reich mächtiger, je mehr Land seine Grenzen einschlossen. Denn die meisten Menschen waren in der Landwirtschaft tätig. Von ihren Ernten lebte man. Zusätzlich zählten die Bodenschätze des Landes. Eugen von Savoyen bescherte dem Habsburger-Reich durch seine Eroberungen den Status einer Großmacht. Heute spielen die Landmassen nicht mehr diese entscheidende Rolle. In der Industrie- und Finanzwelt darf sich sogar die Schweiz als Großmacht fühlen. Selbst das kleine Österreich hätte das Potenzial dafür.

Auf lange Sicht wichtiger war des Prinzen Sieg in Belgrad, weil mit ihm die Gefahr der Expansion des Osmanischen Reichs nach Europa für Jahrhunderte gebannt war. Was Karl Martell bei Tours und Poitiers 732 im Westen gelang, tat ihm Prinz Eugen 1717 im Osten gleich. Nur dadurch war es im Donauraum möglich, dass die Aufklärung Fuß fasste. Prinz Eugen selbst, der mit Leibniz korrespondierte und auch mit Montesquieu und Voltaire in Kontakt stand, war ein Intellektueller ersten Ranges. Seine riesige Büchersammlung füllt heute den Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek.

Just an jenem 13. Mai, als Prinz Eugen nach Belgrad zog, wurde Maria Theresia geboren. Es fällt schwer, sie als aufgeklärte Monarchin zu bezeichnen, war sie doch durch ihre Zuneigung zu ihrem der Kirche ergebenen Vater selbst eine stur an die verzopften Lehren des damaligen Klerus festhaltende Konservative.

Aber dennoch dürfte sie geahnt haben, dass die aus England und Frankreich kommenden neuen Ideen von Menschenbild und Staatsgewalt letztlich auch in ihrem Reich obsiegen werden. Der von ihr über alles geliebte Mitregent und Gatte, Franz Stephan, war selbst der Aufklärung gegenüber aufgeschlossen. Noch viel mehr war das aber ihr ältester Sohn, Joseph. Bei ihm musste sie mit gewisser Betrübnis feststellen, dass er sich ihren Erzfeind zum Vorbild nahm, nämlich den preußischen König Friedrich, einem sich in Sanssouci mit den klügsten und sogar noch aus heutiger Sicht modern denkenden Köpfen Europas umgebenden Monarchen.

Maria Theresia duldete dies nicht nur, sie befolgte auch die Vorschläge ihrer Ratgeber von Sonnenfels bis van Swieten, obwohl ihr bewusst sein musste, dass zum Beispiel die von ihr verordnete Unterrichtspflicht allen ihren Untertanen dem Lesen, ja sogar dem Verfassen aufklärerischen Gedankenguts Tür und Tor öffnete.

Im Vergleich zu den bedeutsamen Herrscherinnen der anderen Großmächte – sei es Englands Virgin Queen Elisabeth I., sei es die Frankreich beherrschende Katharina von Medici, sei es die russische Zarin Katharina II. – sticht Maria Theresia wie ein Juwel der Menschlichkeit hervor. Als Bruno Kreisky darauf angesprochen wurde, ob er sich in seinem Büro nicht ein anderes Monumentalporträt als das von Franz Joseph wünschte, brummte er: „Eines von Maria Theresia.“

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Zum Autor:

Rudolf Taschner
ist Mathematiker

an der TU Wien und betreibt zusammen mit Kollegen das Projekt Math.space im Wiener
Museumsquartier.

Sein neuestes Buch: „Woran glauben. 10 Angebote für aufgeklärte Menschen“ (Brandstätter Verlag).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2016)

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