Das Spital als Wartesaal auf einen Pflegeplatz? Sinnlos und teuer!

Wenn Angehörige nicht einspringen, kann dies das Gesundheitssystem zigtausende Euro kosten. Das Geld wäre in Ärzte und Pflegepersonal viel besser investiert.

Während viele ihre Feiertage genießen, Büros und Geschäfte geschlossen haben, gibt es für die Beschäftigten der Spitäler keine Ruhepause. Akutfälle richten sich nicht nach dem Kalender. Aber auch viele alte Menschen, die eigentlich keine akute Erkrankung mehr haben, können nicht nach Hause entlassen werden, weil sie niemanden haben, der sich um sie kümmert. Sie warten auf einen Platz im Pflegeheim, und das kann dauern.

Besonders prekär ist die Lage in Wien und hier wiederum im AKH. In diesem hoch spezialisierten Haus, einer Uni-Klinik, belegen pflegebedürftige Menschen viele Akutbetten. Die Kosten eines solchen Bettes: 400 bis 600 Euro– pro Tag! Eigentlich sollte dieser Missstand behoben sein, dazu wurde die Kurzzeitpflege eingeführt. Das sind spezielle Pflegeplätze für maximal drei Monate, wo Betroffene nach einem Spitalsaufenthalt auf ihren Pflegeheimplatz warten.

Doch die Sache hat mehrere Haken: Es gibt speziell in Großstädten viel zu wenige Plätze. Außerdem werden die Kosten nicht von der Krankenkasse übernommen. Die Menschen müssen selbst zahlen und dann um einen Zuschuss beim Sozialfonds ansuchen, auf den kein Rechtsanspruch besteht. Wenn sie niemanden haben, der sich in der Übergangsphase um sie kümmert oder die Pflege organisiert, bleiben sie eben im Krankenhaus.

Insider berichten, dass auf manchen Stationen des AKH solche Patienten drei bis vier Wochen lang Akutbetten belegen. Teilweise werden sie behandelt oder untersucht, obwohl es nichts Akutes mehr zu behandeln gibt. So rechtfertigt man ihren Aufenthalt, damit sie nichts bezahlen müssen. So ein vierwöchiger Spitalsaufenthalt, der dem Patienten mehr schadet als nützt, kostet die Krankenkasse also im Extremfall 16.800 Euro – die Behandlungskosten noch nicht eingerechnet.

Die Situation wird sich in Zukunft durch den Streit der Spitalserhalter mit der Ärzteschaft wegen besserer Bezahlung der Ärzte und der Reduktion der Arbeitszeit noch weiter zuspitzen. Es ist geplant, Agenden von Ärzten auf das Pflegepersonal zu verlagern.

Nun ist das Pflegepersonal aber jetzt schon überlastet und relativ schlecht bezahlt. Hotspot ist wieder das AKH, wo Angestellte in der Pflege besonders überlastet und daher doppelt so oft im Krankenstand sind als im Bundesschnitt. Folge ist Personalmangel, weshalb ein Teil der Betten gesperrt werden muss, was enorme Kosten verursacht. Außerdem war die Pflege bisher ein eigenständiger Bereich. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Qualität der Behandlung leiden wird, wenn Pflegepersonal gewissermaßen als „Schmalspurarzt“ eingesetzt wird.

Es entzieht sich der Logik, wieso Spitalserhalter beim Personal sparen und Krankenkassen keine Kurzzeitpflege bezahlen, im Gegenzug aber horrende und unnötige Kosten bei der Belegung von Akutbetten durch Patienten in der Warteschleife finanzieren. Ein rascher Ausbau der Kurzzeitpflegeplätze und eine Finanzierung durch die Kassen würden enorme Summen einsparen. Es zeigt sich, dass der Staat ohne das soziale Netz der Familien dramatisch scheitern würde.

Denn der Löwenanteil der Pflege wird immer noch von Angehörigen geleistet. Niederösterreich hat als Pionier das System der Kurzzeitpflege auch als Entlastung der pflegenden Angehörigen entwickelt. Auch die Betreuung zu Hause durch professionelle Pflegepersonen von Caritas, Hilfswerk und Volkshilfe entlastet Spitäler, Heime und die Familien. Aber auch dieses Netz stößt an seine Grenzen. Im Verhältnis zum Arbeitseinsatz sind mobile Schwestern und Pfleger nicht eben gut bezahlt.

Im Hinblick auf die stete Alterung unserer Gesellschaft bleibt keine Zeit, Probleme und Kosten nur zu einem anderen Träger oder einer Gebietskörperschaft zu verlagern. Zahlen müssen wir es schließlich letztlich alle. Die Frage ist, wie lang wir das noch können.

E-Mails an:debatte@diepresse.comZur Autorin:

Dr. Gudula
Walterskirchen ist Historikerin und
Publizistin. Sie war bis 2005 Redakteurin der „Presse“, ist seither freie Journalistin und Autorin zahlreicher Bücher mit historischem Schwerpunkt.

www.walterskirchen.cc

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2014)

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