Integration: "Geistesschwache" Frauen unter männlichem Schutz

Jüngste Wortmeldungen von Islamlehrern zeigen, wie notwendig Integrationspolitik wäre. Wiens Integrationsstadträtin macht aber lieber fest die Augen zu.

Herrn Murat Baser ist zu danken. Nun werden hoffentlich auch diejenigen, die immer von Toleranz sprechen, wenn sie Wegschauen meinen, begriffen haben, dass man aktiv etwas für die Integration tun muss.

Herr Baser, den außerhalb Oberösterreichs bisher kaum jemand gekannt hat, ist Vorsitzender der dortigen islamischen Religionsbehörde und hat Interessantes zum Thema Frau kundgetan: Gleichberechtigung gebe es zwar, aber der Mann habe die Verantwortung und die Entscheidungsgewalt. Nun, ein klitzekleiner Widerspruch. Die Aussage, dass Frauen physisch schwächer als Männer seien, könnte man noch als Ritterlichkeit auslegen. Problematisch wird es, wenn er meint, Frauen, die allein leben, seien in Gefahr und brauchten Schutz. Vor wem denn? Sind alleinstehende Frauen Freiwild?

Völlig inakzeptabel ist die Feststellung, Frauen seien „psychisch schwach“. Sind also alle Frauen geistesschwach? Oder auch nur geistig instabil? Oder intellektuell den Männern unterlegen? Diese Aussagen belegen, dass sogenannte Werte- und Integrationsschulungen nicht nur für Neuankömmlinge aus islamischen Ländern dringend nötig sind.

Aber manchen verantwortlichen Politikern scheint das noch immer nicht klar zu sein, auch nicht nach den Terroranschlägen von Paris. Zum Beispiel der Wiener SP-Integrationsstadträtin, Sandra Frauenberger: Sie scheint der Ansicht zu sein, wenn sie ihre Augen fest zumacht, dann existieren gewisse Dinge nicht.

So etwa gibt es laut Frauenberger keine islamischen Kindergärten, weil es nämlich laut Bildungsplan keinen Religionsunterricht geben dürfe. So einfach ist das. Ein Burkaverbot an Schulen wiederum sei „nicht so einfach“, und das Kopftuch sei okay, weil es nämlich um die Selbstbestimmung der Frauen gehe.

Es ist auffallend, dass sich linke europäische Feministinnen nie kritisch zum Thema der Unterdrückung der Frau im Islam geäußert haben. Sie haben angesichts voll verschleierter Frauen, denen man dadurch ihre Identität nimmt, oder auch beim Kopftuch lieber von Toleranz gesprochen. Eine Ausnahme bildet ausgerechnet Alice Schwarzer, die kürzlich deutlich Stellung bezogen hat und dafür von ihren Kolleginnen arg geprügelt wurde.

Somit geraten die Feministinnen in die peinliche Lage, statt gemeinsam mit muslimischen Frauen um Selbstbestimmung und Gleichberechtigung zu kämpfen, sich auf die Seite der Unterdrücker zu schlagen. Diese argumentieren, die Frauen würden sich freiwillig verschleiern, auf Bildung verzichten und zu Hause bleiben. Nun wissen wir aber von Herrn Baser, dass letztlich eben der Mann entscheidet.

Aber er steht nicht allein da. Der als gemäßigt geltende Tarafa Baghajati, Obmann der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen, postulierte in einer TV-Sendung, im Islam sei es eben üblich, dass Männer Frauen nicht in die Augen schauen und ihnen nicht die Hand geben. Er bezog sich dabei auf Österreich, im Jahr 2015. Die Feststellung wurde von den mitdiskutierenden Frauen und der Moderatorin unwidersprochen akzeptiert. Nun wissen wir: Es sind nicht nur Musliminnen in Österreich „ständig in Gefahr“, die Männer zu reizen, durch Blicke oder durch Kleidung, sondern auch Nichtmusliminnen.

Eine Wiener Volksschullehrerin hat berichtet, dass die Väter ihrer muslimischen Schüler sie nicht grüßen, und als sie einem beim ersten Sprechtag die Hand geben wollte, habe er sie angeschrien. Die Direktorin meinte auf ihre Beschwerde hin: „Aber Kinderl, das ist bei den Moslems halt so!“

Die Gleichstellung der Frau ist juristisch betrachtet eine junge Angelegenheit. Erst seit 1976 ist der Mann nicht mehr „das Haupt der Familie“. In anderen Bereichen ist sie immer noch nicht erreicht. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Errungenschaften durch falsch verstandene Toleranz in kürzester Zeit wieder zunichtegemacht werden. Das schulden wir auch den muslimischen Frauen – in Europa und auf der ganzen Welt.

E-Mails an:debatte@diepresse.comZur Autorin:

Dr. Gudula
Walterskirchen ist Historikerin und
Publizistin. Sie war bis 2005 Redakteurin der „Presse“, ist seither freie Journalistin und Autorin zahlreicher Bücher mit historischem Schwerpunkt.

www.walterskirchen.cc

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.