Wie man einen Konkurrenten weglobt: Ein Lehrstück aus der SPÖ

Werner Faymann ist mit der Nominierung Rudolf Hundstorfers zum Kandidaten für die Hofburg ein genialer Schachzug gelungen. Für seine eigenen Interessen.

Er galt lange Zeit als logischer Nachfolger Werner Faymanns als Bundeskanzler: Der „liebe“ Rudi, versierter und beliebter Sozialminister, gut verankert in der Wiener SPÖ, stets ruhig wirkend, nie negativ aufgefallen, eher zurückhaltend und verbindlich im Ton nach außen, auch im Hinblick auf den Koalitionspartner. Ein stromlinienförmiger, klassischer und sympathisch wirkender sozialdemokratischer Politiker. Gravierender Schönheitsfehler: die Rekordarbeitslosigkeit in seiner Amtszeit.

Die Bundes-SPÖ, vor allem Bundeskanzler und Parteiobmann Werner Faymann, hat erst kürzlich beim Flüchtlingsthema eine spektakuläre Kehrtwende hingelegt. Die Wiener SPÖ ist ihm nicht gefolgt, was Faymanns Position gefährdet. Es war daher ein genialer Schachzug, seinen gefährlichsten internen Konkurrenten, Rudolf Hundstorfer, ein Produkt der Wiener SPÖ, als Präsidentschaftskandidaten wegzuloben und so loszuwerden. Die Wiener Genossen sind zufrieden, dass einer von ihnen für das höchste Amt im Staat vorgesehen ist. Doch mit der Kandidatur zum Bundespräsidenten, die ihm sichtlich geschmeichelt hat, pokert Hundstorfer hoch. Sie könnte seinen steilen Aufstieg abrupt beenden. Für Faymann ist es eine Win-win-Situation: Scheitert Hundstorfer bei der Wahl, ist er als Bundeskanzler aus dem Rennen; wird er wider Erwarten gewählt, erst recht.

Bisher will der Wahlkampf für die SPÖ nicht recht in Schwung kommen. Etliche Genossen außerhalb Wiens hatten vorgeschlagen, den Grün-Kandidaten, Alexander van der Bellen, zu unterstützen. Das schmerzt. Hundstorfer erscheint meist eher abgekämpft als kämpferisch, zusätzlich niedergedrückt von schlechten Umfragewerten. Bei Wahlkampfauftritten wirkt er müde und verzweifelt, als ahne er, dass er es nicht als Erster über die Ziellinie schaffen wird.

Es scheint tatsächlich das wichtigste Motiv für seine Nominierung gewesen zu sein, dass Hundstorfer dem Parteichef aus dem Weg geschafft werden soll. Dem Wähler erschließen sich die Qualifikationen des SP-Kandidaten nämlich nicht: Er hat keine außenpolitische Erfahrung, mangelnde Fremdsprachenkenntnisse, und er hat klargemacht, nur für die SPÖ-Klientel aktiv sein zu wollen, also von Überparteilichkeit keine Spur.

Interessant ist auch sein Zugang zum Thema Volksverbundenheit: Als er nach seinem 13.000-Euro-Einkommen gefragt wurde, meinte er grantig, er müsse ja schließlich „von etwas leben“. Und außerdem verbitte er sich diese „Neiddebatte“. Dieser Zugang ist originell, denn es war die SPÖ, die in den vergangenen Jahren ständig das Neidthema getrommelt und auf Besserverdiener hingedroschen hat. Wird es gegen sie selbst ins Spiel gebracht, darf man plötzlich so niedere Instinkte nicht mehr hegen.

Spannend ist auch, dass Hundstorfer Journalisten jene Fragen verbieten will, die ihm nicht genehm sind. „Von etwas leben“ ist schon recht kühn bei einem fünfstelligen Betrag. Was sollen sich die Bürger denken, die im Schnitt von 1500 Euro leben und denen es von der SPÖ als großer Erfolg verkauft wurde, dass sie durch die Steuerreform im Schnitt pro Monat 75 Euro mehr „im Börsel“ haben? Da fühlt man sich doch verhöhnt!

Selbst in der freien Wirtschaft muss man schon recht weit oben im Management angelangt sein, um so viel Geld zu verdienen, von dem Herr Hundstorfer gerade noch eben „leben“ kann. Aber als lebenslanger Parteiangestellter, Gewerkschafter und Politiker weiß er das freilich nicht.

Es ist auch bei ernsthafter und objektiver Überlegung nicht recht klar, wofür der Kandidat steht, außer für Verwaltung des Stillstands und noch mehr Umverteilung. Zugegeben, ein Präsident hat nicht viel Handlungsspielraum, dieser scheint beim SPÖ-Kandidaten aber nur auf die eigene Partei begrenzt zu sein. Bei der Vielzahl an Konkurrenten, die die Sache deutlich ambitionierter angehen, sind das keine guten Voraussetzungen.

E-Mails an:debatte@diepresse.comZur Autorin:

Dr. Gudula
Walterskirchen ist Historikerin und
Publizistin. Sie war bis 2005 Redakteurin der „Presse“, ist seither freie Journalistin und Autorin zahlreicher Bücher mit historischem Schwerpunkt.

www.walterskirchen.cc

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2016)

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