Registrierkasse: Ein Schulbeispiel für eine schlecht gemachte Reform

Chaos, Pannen, hohe Kosten und falsche Annahmen kennzeichnen die missglückte Registrierkassenpflicht. Dem Steuerzahler bringt sie letztlich nichts.

Finanzminister Hans Jörg Schelling hat es versprochen, nun findet sich das Vorhaben auch im neuen Arbeitsprogramm der Regierung: Belebung der Wirtschaft und Bürokratieabbau. Schelling hätte die Möglichkeit, in seinem Ressort mit gutem Beispiel voranzugehen. Leider aber geschieht derzeit das Gegenteil.

Das Musterbeispiel einer wirtschaftsfeindlichen Maßnahme ist die leidige Registrierkassenverordnung, die das Zeug zum Unwort des Jahres 2016 gehabt hätte. Es ist sicher das gute Recht, ja die Pflicht eines Finanzministers, darauf zu achten, dass auch Unternehmer ihre Steuern zahlen. Die Vermarktung und die Vorgehensweise sind jedoch katastrophal.

Das begann schon bei der Ankündigung, als Schelling von 900 Millionen Euro sprach, die durch die Registrierkassenpflicht angeblich zu holen seien. Damit stellte er die Kleinunternehmer, die hauptsächlich davon betroffen waren, unter den Generalverdacht, Steuerbetrüger in großem Stil zu sein.

Schon damals war den meisten außerhalb des Finanzministeriums klar, dass diese Summe viel zu hoch gegriffen war. Noch hält sich der Minister bedeckt, wie viel mehr man tatsächlich eingenommen hat. Der Betrugsexperte Friedrich Schneider kam nach eingehender Analyse zum Schluss, es könne sich maximal um 120 Millionen Euro handeln.

Man kann einwenden, das ist immerhin etwas, Unselbstständige müssen ja auch ihre Steuern abliefern. Bei dieser Rechnung fehlt jedoch noch einiges. So etwa konnten sich die Unternehmer ihre Kassen mit bis zu 200 Euro fördern lassen, Geld, das aus dem Budget kommt und von den Einnahmen abgezogen werden muss. Kosten verursachen auch der Mehraufwand und die zusätzlichen Prüfer seitens des Finanzministeriums.

Dazu kommt die unprofessionelle Umsetzung. Die Einführung der Registrierkasse war völlig chaotisch und ist es immer noch: Die Software funktionierte nicht, deshalb wurden die Fristen mehrfach verschoben. Ab 1. April soll zusätzlich ein Manipulationsschutz kommen, diese Software funktioniert aber wieder nicht, deshalb wackelt auch dieser Termin. Weiters sind die Systeme und Vorgaben unglaublich kompliziert und für Laien kaum umzusetzen. Deshalb braucht man fachliche Hilfe – und die kostet. Die Unternehmer haben also einen beträchtlichen Aufwand an Kosten und Zeit, um ihre Steuern vorschriftsgemäß abzuliefern.

Vielfach wurde Kleinstunternehmern ein überdimensioniertes Gerät eingeredet, was diese finanziell übermäßig belastet. Nun hat ihnen das Finanzamt vorgeschrieben, bis 1. April nochmals nachzurüsten. Da kommen inklusive Software und Mannstunden im Extremfall 1000 oder 2000 Euro zusammen. Die Inhaberin eines Wollgeschäftes, deren Einnahmen nur knapp über der Grenze zur Registrierkassenpflicht liegen, hat dies zum Aufgeben veranlasst. Das Thema nervt sie mittlerweile derart, dass sie in Pension geht. So wird aus einer Steuerzahlerin eine Pensionsempfängerin. Da es sich um keinen Einzelfall handelt, ist dies in die negative Gesamtrechnung für den Steuerzahler einzubeziehen.

Belebung der Wirtschaft und Bürokratieabbau sehen anders aus. Die übereilte, chaotische und bis heute nicht funktionierende Umsetzung ist ein Schulbeispiel dafür, wie man Unternehmertum behindert, Unternehmer demotiviert und ihrem Image schadet. Von Betrug in großem Stil kann bei den Kleinunternehmern auch nicht die Rede sein. Die groß angekündigte Reform war ein Schuss in den Ofen, dafür hat die ÖVP Teile ihrer (ehemaligen) Stammwählerschaft nachhaltig vergrämt.

Es gibt nur einen Gewinner in dem System: Das sind jene Firmen, die sich auf Registrierkassen, die Software und die Beratung spezialisiert haben. Sie machen satte Gewinne und werden das weiter tun. Denn es wird sicher bald wieder nachgerüstet werden müssen.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Zur Autorin

Dr. Gudula Walterskirchen ist Historikerin und
Publizistin. Sie war bis 2005 Redakteurin der „Presse“, ist seither freie Journalistin und Autorin zahlreicher Bücher mit historischem Schwerpunkt.
www.walterskirchen.cc

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