Stadtplan: Neue Plätze für die Stadt

Wir Wiener lieben Plätze, soferne es sie gibt. Wir Wiener lieben Plätze, soferne es sie gibt.

Wer sich dieser Tage im Museumsquartier umtreibt, oder in den Innenhöfen des alten AKH verweilt, erkennt unschwer, was urbane Freiraumqualität heißt.

Plätze dieser Art gibt es jedoch viel zu wenige. Vor allem die Freiräume, die Kindern offenstehen, und Bewegungs-, Entdeckungs- und Begegnungsmöglichkeiten bieten.

Dieser mangelnde offene Raum für Kinder ist eines der Hauptargumente, warum noch immer werdende Eltern ins Umland ziehen, weil sie ihr Kind im Grünen aufwachsen lassen wollen. Damit machen sie sich zum Sklaven des Autos. Die Amerikaner haben dafür einen treffend traurigen Ausdruck gefunden. Soccermoms nennen sie jene Mütter, die für jeden Weg ihrer Kinder ins Auto gezwungen sind. Denn wo innerstädtisch Straßen- und U-Bahnen, aber auch das Fahrrad selbstbestimmte und umweltfreundliche Mobilität ermöglichen, ist so etwas im Speckgürtel unmöglich.

Gerade wegen des großen Erfolges und der unübersehbaren Akzeptanz der wenigen Wiener Plätze schreien zwei weitere danach, endlich den Bewohnern der Stadt zurückgegeben zu werden.

Da sind zum einen die wunderschönen Innenhöfe der Rossauer Kaserne. Nutzung derzeit: Überwiegend Parkplätze für Behörden jeglicher Art.

Wenige sind sich des Ausmaßes dieser Höfe bewusst. Sie haben eine Größe wie das Museumsquartier.

Ähnlich im siebenten Bezirk. Da werden die Innenhöfe der Stiftskaserne ebenso lieblos und absurd verschwenderisch als Parkplätze missbraucht, anstatt sie für die Anrainer, die in diesem Teil der Stadt über besonders wenig Frei- und Grünraum verfügen endlich zur Verfügung zu stellen.

Natürlich gibt es tausende bürokratische Gründe, warum das nicht gehen kann. Staatliche Behörden finden immer Argumente, die Notwendigkeiten aus ihrem wuchernden Innenleben begründen und müssen nachdrücklich daran erinnert werden, dass sie nicht Selbstzweck sondern dienendes Organ der Bevölkerung sind.

Die Initiative zur Öffnung muss von den Anrainern kommen, denn die Stadtregierung scheint das wenig zu interessieren. Kreative Aktionen gibt es zuhauf, um als ersten Schritt diese Freiräume ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Wenn es vor Jahrzehnten möglich war, gegen erbitterten Widerstand die Kärntner Straße und den Graben zur Fußgängerzone umzugestalten, sollte eine urbanes Lebensgefühl auch diese zwei Freiräume von Autos befreien, und dem Souverän der Stadt wieder zur zurückgeben.

www.chorherr.twoday.net

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2009)

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