Advent

Früher haben wir Kekse gebacken. Haben auf dem Christkindlmarkt die Schneekugelsammlung ergänzt. Heuer sind die Kinder an den Schreibtischen festgetackert.

Es wird wieder besser, sage ich. Ich verspreche es, sage ich. Ja, der Dezember ist wirklich hart, tröste ich, und nein, drei Tests und eine Schularbeit in einer Woche, das ist wirklich nicht in Ordnung. Dann schimpfe ich noch ein bisschen über die Lehrer, die das nicht besser koordiniert haben. Und bestelle Sushi. Sushi essen alle gern, und zum Kochen habe ich dieser Tage keine Zeit, die ist irgendwo zwischen Kindern und Arbeit verloren gegangen. Da muss ein Loch sein. Plumps.

Früher haben wir im Advent Kekse gebacken. Wir haben Tannenzweige zu einem zerrupften Kranz gebunden und mit Bügelperlensternen verziert. Wir sind auf den Weihnachtsmarkt gegangen. Dort gab es Schneekugeln und Kinderpunsch und Christbaumspitzen, und vor allem gab es da Kreisel und diese Blechschiffchen mit dem Kerzenmotor! Wenn Sie die irgendwo sehen, greifen Sie zu. Die funktionieren super in der Badewanne.

Kein Kinderpunsch. Heuer wird das ausfallen. Statt darüber zu verhandeln, ob noch ein zweiter Kinderpunsch drin ist, lasse ich mir für Marlene Durchhalteparolen einfallen. Statt den Adventkalender zu bestücken, prüfe ich ich Hannah in Bio ab. 5. Klasse, AHS: Das ist frustrierend, weil ich nicht verstehe, was ich prüfe. Dictyosom? Vakuole? Endoplasmatisches Ridikulum? Hab ich das wirklich einmal gelernt? Oder wurde das alles in den vergangenen drei Jahrzehnten erfunden?

Dass die stillste Zeit im Jahr für Kinder die stressigste ist, hat strukturelle Gründe. Im September und Anfang Oktober können die Lehrer keine Tests und Schularbeiten ansetzen: noch zu wenig Stoff. Und im Jänner bleiben nur zwei Wochen bis Notenschluss. Also ballt sich alles im November und Dezember. Und wenn wie heuer der Nationalfeiertag auf einen Samstag fällt und Maria Empfängnis auf einen Sonntag – dann powern die Kinder durch.

Nur mein Mann genießt den Advent: keine Kinder, die toben, keine Jugendlichen, die laut Musik hören. Seit Neuestem, sagt er, ist es bei uns am Wochenende so ruhig.

Postskriptum. Im Netz kursiert eine – auch von den ÖVP-Frauen unterstützte – Petition für kostenlose Mammografie. Laut Gesundheitsministerium sollen nämlich die Kassen künftig die Mammografie bei Frauen unter 45 und über 70 Jahren nur mehr zahlen, wenn ein Verdacht auf Brustkrebs vorliegt. Klingt arg. Klingt, als würden die Kassen das Leben von uns Frauen aufs Spiel setzen. Dazu sollte man allerdings wissen, dass über den Nutzen der Mammografie vor allem bei Frauen unter 50 derzeit eine heftige wissenschaftliche Debatte geführt wird. Eine Petition, die das verschweigt, ist unlauter, und ich unterzeichne sie nicht.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2013)

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