Am Herd: Ostern

Weihnachten? Wer redet denn von Weihnachten? Ich schreibe über Ostern, über einen blühenden Volksgarten und Schokoladeosterhasen.

Danke der Nachfrage, aber ja, ich habe alles erledigt. Ich habe Nintendo-Spiele besorgt, Vanillekipferln gebacken, mit den Kindern „Maria durch ein Dornwald ging“ gesungen, und ich habe sogar einen Termin gefunden, an dem alle vier Familienmitglieder Zeit hatten, gemeinsam den Baum auszusuchen – und zwar bevor alle schönen Exemplare weg waren! Ich habe sämtliche Happy-Christmas-Mails gelöscht, die Weihnachtsglocke gesucht, den Christbaumschmuck vom Kasten geholt und die Kinder und meinen Mann angeschnauzt, weil sie sich nicht einigen konnten, was sie Heiligabend essen wollen („Steak“, sagt Marlene. „Lamm“, fordert Hannah. „Ich will heuer kein Fleisch, ich will Fisch“, sagt mein Mann. „Bäh, Fisch“, rufen die Kinder.).

Anschließend habe ich ein Machtwort gesprochen und beim Fleischhauer meines Vertrauens Fondue bestellt.

Schokohasen und Eiersuchen. Für mich ist Weihnachten also gegessen. Ich denke lieber schon an Ostern. An die Schokoladehasen und die Nester hinter grünen Hecken. An die rot und blau und grün und lila leuchtenden Eier mit der glatten, glänzenden Schale, die man dann doch zerstört, weil man Eierpecken spielt. Zu Ostern ist fast immer gutes Wetter, weil dann erstens Frühling ist und wir zweitens, wenn es am Sonntag doch regnen sollte, das Eiersuchen einfach auf den Ostermontag verlegen.

Zu Ostern blühen meist die Sträucher, rosa, weiß, gelb, der Himmel ist klar und die Stadt sieht aus wie frisch geputzt: kein schmutziger Schnee mehr an den Straßenrändern, der Streusplitt entsorgt, die Autos und die Fenster blank gerieben. Die Sicht so weit! Fast kann man das Meer sehen! Vielleicht ist es noch kühl, aber die Menschen recken schon die Gesichter aus den Krägen, die Jacken werden dünner und kürzer, bald wird man am Abend draußen sitzen können, bei einem Glas Wein, und länger bleiben, als man sollte. So ist das im März, im April: Auf den Gehsteigen und in den Parks üben die Kinder mit ihren neuen Fahrrädern und Waveboards. Vor uns liegt der Sommer, so lang und so weit, mit bunten Kleidern und Sonnenbrillen und diesem warmen Wind, der alles leicht macht.


Punsch und helle Lieder. Ach Ostern! Weihnachten mit all seinem Trubel, seinen blinkenden Lichtern und flackernden Kerzen und den vielen, hübsch verpackten Geschenken, Weihnachten mit dem süßen-süßen Punsch, den lieben Wünschen und den hellen Liedern...

Es ist doch nur dazu da, dass uns die Zeit bis zum Frühling nicht so lang wird.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2013)

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