Verheiratet mit einer Feministin

Ich habe meinen Mann gefragt, wie es ist, mit einer Feministin verheiratet zu sein. Also: Den Sonntagsbraten vermisst er schon.

Mein Mann sagt, ursprünglich hätte er gerne eine Jungfrau geheiratet. Aber natürlich eine, die alle sexuellen Tricks beherrscht. Er sagt, er habe außerdem gedacht, seine Frau würde für ihn kochen und putzen und bügeln, bei ihnen zu Hause war das schließlich auch so. Dort war der Vati der Herr im Haus. Was der Vati sagte, war Gesetz. Was die Mutti sagte, zählte nur, wenn der Vati nicht da war. Der Vati war oft nicht da, er hatte einen Zweit- und einen Drittjob. Er war der Ernährer.

Mein Mann sagt, er wollte auch der Ernährer sein.

Dann ist er nach Wien gezogen. Er hat die Maturaschule besucht und studiert. So zu leben wie seine Eltern war keine Option mehr für ihn, er wollte nicht mehr heiraten, und schon gar keine Jungfrau. Und Kinder? Wenn überhaupt, dann nur mit Kindermädchen. Das war seine Vorstellung einer modernen Familie: Beide arbeiten, treffen sich jeden zweiten Abend für Sex, und um die Kinder kümmert sich das Kindermädchen.

Theoretisch war er damals ein Feminist. Es ist relativ leicht, Feminist zu sein, wenn man keine Familie hat.


Ein Kindermädchen? Dann kamen die Kinder – obwohl wir kein Geld für ein Kindermädchen hatten. (Stephan: „Was für ein Glück, dass ich nicht immer auf mich höre!“). Mein Mann tat in der Folge viele Dinge, die er nie gewollt hatte. Er war bei der Geburt dabei. Er wickelte das Baby. Er stand in aller Früh auf und ging mit Hannah spazieren, damit ich noch schlafen konnte. Er sagte Termine ab, wenn mein Termin wichtiger war. Er stritt mit mir, wer nach einem harten Tag die Geschirrspülmaschine ausräumt und die Wäsche aufhängt und den Kindern was vorliest.

Ob er manchmal froh ist, dass er nicht allein für die finanzielle Sicherheit der Familie verantwortlich ist? Oja, sagt mein Mann.

Ob er es denn jemals bereut hat, dass er so viel Zeit mit den Kindern verbracht hat (und immer noch verbringt)? Oneinonein!!! Sagt mein Mann.

Aber manchmal finde er, das all diese Veränderungen für mich zu selbstverständlich sind. Manchmal, sagt er, hat er das Gefühl, er habe viel dazugelernt und ich kaum. Manchmal wünscht sich mein Mann weniger Widerspruch. Am Sonntag einen Braten.

Und dass ich applaudiere, wenn er am Morgen die Augen aufschlägt.


Postskriptum. Am liebsten wäre meinem Mann, ich ginge nicht mehr arbeiten, sondern bliebe zu Hause und schriebe mit ihm zusammen Bücher – und zwar so: Er entwickelt die Ideen, ich führe sie aus (korrekte Rechtschreibung inklusive). Aber das, vermute ich, ist weniger Ausdruck von Machismus als von Faulheit.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2014)

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