Osterferien

Ein Balkon zum Meer, keine Mails, kein Stress, nur Sonne. Das Kind jault: "Wir haben hier nicht einmal WLAN!"

Wir sind in Triest. Die Tochter sagt, es sei eine fade Stadt und wie viele Kirchen wir noch anschauen müssten. Wir sind in Triest, die Sonne scheint, und vom Glockenturm aus kann man unser Hotel sehen. „Für den Ausblick hast du sechs Euro gezahlt, Ernst jetzt?“, fragt die Tochter.

Mir ist das Gemotze egal, weil wir jetzt durch kleine Gässchen die Altstadt hinunter wandern, an einem Spielplatz vorbei, der ganz lila ist vor lauter Flieder, aber das Kind denkt nicht an die alten Römer, die diese Straße anlegten, sondern an ihre Freunde in Wien. Wenn sie in Wien wäre, würde sie mit Nora ins Burgenland fahren und mit Bernhard Musik hören und mit Ilknur Geo lernen, genau, sagt sie, sie würde lernen! Aber hier kann sie ja nicht, hier muss sie ja mit uns dauernd durch irgendwelche Gässchen gehen. Gässchen!

„Aber liebes Kind“, sage ich, „gestern waren wir den ganzen Nachmittag im Appartement, da hättest du genug Zeit gehabt für Geo, und heute Vormittag auch“, denn egal, wie das Kind mich hinstellt: Ich bin nicht der Kirchen wegen in Triest und auch nicht wegen des Glockenturms, ich bin hier, um mich zu erholen. Mein Mann und ich können Stunden auf dem Balkon sitzen und auf den Hafen schauen, wir sehen den Frachtschiffen zu, die dort ankern, und den Möwen, die einander anschnattern, und der alten Dame schräg gegenüber, die zum Telefonieren immer ins Freie geht. Es ist super! Keine Mails, keine Nachrichten, nix!

Das Kind jault: „Wir haben nicht einmal WLAN!“ Die Sache eskaliert, als wir Muggia besuchen, mit dem Schiff gerade einmal eine halbe Stunde von Triest entfernt. In einer Bar erklärt sie uns, wir sollen früher nach Wien zurückfahren, sie lässt nicht locker, sie argumentiert und insistiert, sie will, dass wir sie zum Bahnhof bringen („Du bist 14, du darfst gar nicht allein über die Grenze!“). Sie will, dass Stephan sie nach Wien fährt. „Fünf Stunden hin und fünf Stunden zurück? Du spinnst ja!“

Da stürmt sie davon.

Wir warten.

Wir warten.

Wir warten vergeblich, irgendwann trinken wir ihr Cola aus und zahlen, wir lassen uns von dem Gör doch nicht Muggia verderben, trotzig gehen wir durch die Gassen, wütend schreibe ich dem Kind ein SMS. „Wir gehen essen!“ Soll sie doch schmoren. Soll sie doch verhungern in Muggia, zwischen all den Wäscheleinen!

In der Trattoria bestellen wir frittierte Calamari und tun so, als ob es uns schmeckt. Da spaziert die Tochter vorbei. Sehr zufrieden sieht sie aus. Sie hat eine dicke schwarze Katze gesehen, die Burg und drei Kirchen, und wenn ich sie einen Monat lang nicht frage, ob sie schon Französisch gelernt hat, dürfen wir bis Samstag bleiben.

Was soll ich sagen? Deal.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2014)

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