"Meine beiden besten Freundinnen haben keine Kinder"

"Aber dann sind sie doch in einer ganz anderen Lebenssituation. Ist das nicht schwierig?" "Nein".

Das Rendezvous begann mit einer Enttäuschung. Wir hatten uns kaum zur Begrüßung in den Armen gelegen, ich und mein späterer Mann, da eröffnete er mir schon, dass es nicht beim trauten Tête-à-Tête bleiben würde. Eine Freundin komme noch vorbei. Eine liebe, gescheite Freundin aus Jugendzeiten. Ich würde sie garantiert mögen.

Ich wollte sie aber gar nicht mögen! Ich war frisch verliebt und hatte nicht das geringste Interesse daran, jemanden anderen bei Saltimbocca und Kerzenschein kennenzulernen. Aber weil ich eben frisch verliebt war, schluckte ich den Ärger hinunter.

Zum Glück! Was wurde das für ein schöner Abend!

Heute ist sie eine meiner beiden besten Freundinnen. Über die andere schreibe ich hier nicht, das mag sie nämlich nicht, nur so viel: Beide haben keine Kinder. „Dann sind sie doch in einer ganz anderen Lebenswelt als du“, sagte neulich eine Kollegin: „Ist das nicht schwierig?“ Ich dachte kurz nach: „Nein.“


Das Büro. Das heißt: Natürlich gab es eine Zeit, als an einen gemeinsamen Abend im Kino oder in einer Bar nicht zu denken war – und wenn meine Freundinnen mich dann besuchten und sich zwischen Bergen an Wäsche und Rasseln wiederfanden, dann konnte es sein, dass ich mitten in der tollsten Story aus dem Büro im Kinderzimmer verschwand, um den Schnuller zu suchen oder die Kleine in den Schlaf zu wiegen.

Und klar verändern wir uns, wenn wir Kinder bekommen. Wir werden weicher oder durchsetzungsstärker, verspielter oder strukturierter, je nachdem. Aber erstens verändern wir uns nicht nur durch Geburten. Und zweitens bestimmt die Mutterschaft doch nicht unser ganzes Sein!

Ich habe nie aufgehört, bei heftigen politischen Debatten vor Anspannung an den Haaren zu kauen, so lange zu lesen, bis mir das Buch aus der Hand fällt, Katzen zu vergöttern, Hunde zu mögen und mich vor Wespen zu fürchten. Immer noch werfe ich auf Reisen in jede Kirche wenigstens einen Blick, möchte ich, dass ein Film gut ausgeht, höre ich gern von Intrigen, weniger gern von Beziehungsklatsch und lästere bei Gelegenheit über meinen Mann. So bin ich. So kennen mich meine Freundinnen. Und so werden wir gemeinsam älter.

Und die Kinder auch. Heute wissen sie, dass es später werden kann, wenn ich mich mit meinen Freundinnen treffe. Und wenn die beiden uns besuchen, setzen sich die Kinder zu uns. Nur kurz, wenn wir über die Arbeit oder den Urlaub reden. Länger, wenn wir über Bildungspolitik diskutieren oder über Kopftücher in der Schule. Der Altersabstand? Ist egal.

Weil man nämlich nicht ähnlich sein muss, um sich zu mögen.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2015)

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