Daran erkennen Sie, dass Ihr Kind kein Kind mehr ist

Von omnipräsenten Kopfhörern, Augenringen und ausgeschalteten Handys.

Es gibt diesen Schnappschuss vom Urlaub vor eineinhalb Jahren. Da war Marlene elf, und sie rannte vor uns her über die Dünen, weil sie damals eigentlich immer rannte. Oder sprang. Oder hüpfte. Ihre Haare fliegen, ihre Beine wirbeln durch die Luft. Sie wirkt so leicht! So unbeschwert! Jetzt ist sie 13, und wenn ich einen Blick auf das Kind werfen will, muss ich warten, bis der Teenager schläft. Wann ist das passiert? Woran erkennt man, dass die Kinderzeit vorbei ist? Und was macht man dann? Ein paar Hinweise für angehende Teenager-Eltern.

1.Wenn das Kind in der Früh in die Küche tappst, hat es Augenringe wie ein Panda. Sollten Sie besorgt nachfragen („Bitte, wann bist du denn gestern eingeschlafen?“), kassieren Sie ein „Lass mich!“. Wundern Sie sich nicht, wenn der Panda zehn Minuten später mit Ihnen kuscheln will. Pandas sind so.

2.Ihr Kind trägt abwechselnd eine Haube (Im Haus! Im Frühling!) und eine Kappe mit einem Zelda-Motiv. Seine Freunde und Freundinnen haben grüne Haare und blaue Strähnen, Tonnen Gel auf dem Kopf oder sonst irgendeine Frisur, die man nur auf YouTube findet.

Keine Reaktion. 3.Sie sprechen Ihr Kind an – und die übliche Reaktion ist: Schweigen. Kein Wunder, es kann Sie nicht hören, es trägt Kopfhörer. Sollte dagegen Ihr Kind mit Ihnen reden wollen, dann erwartet es, dass Sie sofort alles liegen und stehen lassen. Was Sie selbstverständlich auch tun: Sie wissen, schon zehn Minuten später hat es keine Zeit mehr. Denn dann funktioniert das WLAN wieder.

4.Sie kommen mit den Namen seiner Freunde durcheinander, Sie haben das Gefühl, alle heißen gleich, Max, Milli, Lilli oder Biggi oder so ähnlich.

5.Auch digitale Kommunikation funktioniert nach dem Motto: Rufen Sie uns nicht an, wir werden uns melden. Teenager haben zwar rund um die Uhr das Handy griffbereit, sind aber mirakulöserweise trotzdem nicht erreichbar.

6.Hausaufgaben werden um fünf Uhr früh gemacht oder um elf Uhr nachts. Der Nachmittag ist dafür offenbar zu schade, vielleicht ist es dann einfach zu hell und die Panda-Augen der Teenager werden von Tageslicht auf weißem Papier zu sehr geblendet.

7.Nachrichten bestehen nicht mehr aus Wörtern, sondern mehrheitlich aus Bildern. Manche dieser Bilder ergeben Sinn, etwa ein Äffchen, das sich den Mund zuhält, oder ein Tränen lachendes Smiley. Manche sind nur zur Zierde da (Frosch, Marienkäfer, Frosch, Herz).

8.Immer häufiger werden Sie Ihren Ohren nicht trauen. Was hat das Kind da gesagt? Seien Sie beruhigt: Sie hören sehr gut, Sie verstehen nur nicht. Niemand versteht das, außer einem anderen Teenager.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.05.2016)

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