Über die Liebe, die endet

Neulich abends in einem Café: Ein Mann und eine Frau, ein Mojito und viele Papierservietten. Über die Liebe, die endet, aber nur vielleicht.

Zuerst war es nur der Zug um ihren Mund. So etwas Bitteres. Deshalb fiel sie mir auf, die junge Frau im Café. Deshalb schaute ich überhaupt näher hin. Ich hatte ja bisher geglaubt, dass wir an den Augen erkennen können, ob einer bald weinen wird. Weil sie sich röten, noch bevor die erste Träne fließt. Weil es verdächtig glitzert, als würde das Wasser steigen und steigen, bis es überläuft. Aber manchmal ist es auch der Mund. Er zuckt leicht, auf eine Weise, die genauso deutlich ist wie die Tränen, die dann folgen.

Ein Streit? Aber die beiden sprachen ja gar nicht! Sie saßen an einem Tischchen neben dem Eingang, schwiegen und sahen aneinander vorbei. Sie blickte zur Seite, genau in meine Richtung, ohne mich aber zu bemerken. Er starrte vor sich hin auf seinen Mojito, er hatte keinen Schluck davon getrunken, ja noch nicht einmal das Sträußchen Minze vom Glas gezupft.

Das Taschentuch. So ging das eine ganze Weile. Es war nicht viel zu sehen, und trotzdem schaute ich immer wieder zu den beiden hinüber. Sie nippte manchmal an ihrem Drink. Er reichte ihr ein Taschentuch. Und noch eins. Und noch eins, bis nur noch die leere Plastikverpackung neben seinem Handy lag und er den Kellner um Servietten bitten musste. Sie weinte so still, vielleicht hätte ich es gar nicht gemerkt, wenn sie sich nicht immer wieder geschnäuzt hätte.

Und dann geschah doch noch etwas. Er nahm ihre Hand. Vorsichtig strich er über ihren Daumen, sehr liebevoll, und sie ließ es geschehen. Sie weinte weiter und sah dabei weiter an ihm vorbei und sagte weiter nichts, und er hörte nicht auf, sie zu streicheln und zu schweigen und dabei auf seinen Mojito zu starren. Da entdeckte ich die Ringe an ihren Fingern.

Ein Glas Wein. Ich überlegte, was die beiden verband und was sie trennte, warum sie weinte, was er ihr vorwarf oder was sie ihm nicht verzeihen konnte, warum er ihre Hand hielt und sie sich das gefallen ließ, wenn sie ihm doch nicht einmal in die Augen schauen wollte. Und wieso sagten sie nichts? Ich entschied mich, noch ein bisschen zu bleiben, bestellte ein Glas Wein, obwohl ich eigentlich müde war. Aber ich wollte wissen, wie die Sache ausging.

Sie gingen getrennt. Er zuerst, sein Mojito blieb unberührt stehen. Sie probierte davon, schüttelte den Kopf, dann ging auch sie. Ich schaute ihr nach. Sie drehte sich nicht um. In ihrer Welt gab es mich ja gar nicht.

Draußen würde ein besonders heller Mond scheinen, ein Mond, wie es ihn angeblich nur alle Jahrzehnte einmal gibt. 

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

diepresse.com/amherd

(Print-Ausgabe, 20.11.2016)

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