Am Herd

Zurück aus dem Urlaub

Sandstrand
Sandstrand(c) imago/Michael Eichhammer (imago stock&people)
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Bald wird kein Sand mehr aus den Schuhen rieseln, aus den Handtüchern und aus den Hosentaschen der Kinder.

Die erste Nacht wieder zu Hause. Das erste Mal wieder im eigenen Bett. Von hier aus höre ich zwar nicht mehr, wie sich die Wellen an den Klippen brechen, und der Wind weht keine Möwenfedern herein. Aber der Polster ist genau richtig weich und gerade so groß, dass ich mich gut hineinkuscheln kann. Die schweren, weißen Leinenvorhänge dämpfen am Morgen das Licht, nur ein bisschen, wie ich es mag. Manchmal ist es so ruhig, dass ich merke, wie die Katze seufzt.

Wenn ich heimkomme von Reisen, bin ich über Kleinigkeiten froh: Die Badewanne etwa und immer warmes Wasser. Die Abwesenheit von Mücken. Frisch überzogene Betten, das Leintuch noch etwas steif. Ungesüßtes Naturjoghurt, Kaffee auf Knopfdruck, die Geschirrspülmaschine. Mein frisch repariertes Fahrrad. Es lässt seinen Korb nicht mehr so hängen und schaut plötzlich viel optimistischer drein. Nie kommt mir Österreich grüner vor, Wien geputzter.

Die Katzen haben jedenfalls die Hitze der letzten Wochen gut überstanden, und der Rosenstock auf dem Fensterbrett auch. Bald wird kein Sand mehr aus meinen Schuhen rieseln, aus den Badetüchern, aus den Taschen der kurzen Hosen der Kinder. Zuletzt, das ist meine Erfahrung, verschwindet der Sand aus den Büchern. Dann bin ich wirklich angekommen. Also eigentlich nie.


Kosenamen. Was ich vermissen werde: beim Aufhängen der Wäsche den Blick über die Bucht schweifen zu lassen. Das Salzwasser auf der Haut. Den täglichen Gang zum Alimentari ums Eck, wo die Frau an der Kassa, als ich hektisch nach der Geldtasche suche, mir über die Wange streicht: „Piano!“ Die italienischen Nonnas mit ihren großen Sonnenbrillen, die am Strand hinter den kleinen Kindern herlaufen. „Fermati!“, rufen sie. Stop! „Vieni qua!“ Komm doch her. „Guarda!“ Pass auf. „Dimmi!“ Sag mir. Gesegnet ein Land, das eine Sprache spricht, in der sogar die Befehlsformen wie Kosenamen klingen.

Beim Fruttivendolo habe ich ein Viertel einer Wassermelone erstanden, zwei Kilo schwer und so süß und so rot und so saftig wie damals, als ich mit meinem Vater und meiner kleinen Schwester Hunderte Kilometer auf der Autobahn Richtung Kalabrien fuhr. Wir kamen verschwitzt, gereizt und durstig an, da reichte uns jemand eine Melone, für jeden einen Schnitz. Natürlich geht mir auch die Leichtigkeit des Südens ab, die aber nur leicht ist, weil ich das Schwere nicht sehen will. Aber das wird jetzt zu kompliziert, viel zu kompliziert für eine, die gerade zurückgekommen ist.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2017)

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