Forschungsförderung: Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel

Mit dem Österreichischen Wissenschaftsfonds stagnieren auch Grundlagenforschung, Standort und Innovationskraft.

Alle Experten betonen, dass es in Krisenzeiten wichtig ist, in die Wissenschaft zu investieren. Da Österreich in allen relevanten Rankings zurückfällt – auch was Innovation betrifft –, appelliere ich an die Bundesregierung, anlässlich ihrer derzeitigen Klausur Maßnahmen zu beschließen, um vor allem die unbefriedigende Finanzierung der Topgrundlagenforschung zu verbessern. Sie ist ein unverzichtbares Glied der Innovationskette, weil sie jene Erkenntnisse schafft, mit denen dann die angewandte Forschung arbeiten kann. Zudem generiert die Grundlagenforschung jene besten Köpfe, die imstande sind, Österreich international zu vernetzen.

Etwa 200 Millionen Euro stehen dem Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) zur Verfügung, um Premium-Projekte an den Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen zu finanzieren. Über 80 Prozent dieses Betrages fließen übrigens direkt in die Doktoranden und Postdocs, also vorwiegend in die universitäre Nachwuchsförderung. Es ist dem Wissenschaftsminister zu verdanken, dass der FWF neuerdings immerhin einen festen Budgetposten darstellt. Allerdings bekommt der FWF buchstäblich zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel.

Daher stagniert nach stetiger Aufwärtsentwicklung die heimische Wissenschafts- und Forschungslandschaft bereits seit Jahren. Mit einer Erhöhung der jährlichen Dotation des FWF um ein Drittel, also auf 300 Millionen jährlich, wären die dringendsten Probleme behoben, und die Weiterentwicklung der heimischen Grundlagenforschung käme wieder in Schwung. Dazu brauchte es nicht einmal „frisches“ Geld. Angesichts der nahezu vier Milliarden jährlich, die aus dem Budget in den Bereich Forschung und Entwicklung fließen, sollte eine Umschichtung von 100 Millionen in Richtung FWF problemlos möglich sein.

Der FWF vergibt Fördergelder ausschließlich nach Maßgabe der Qualität. Hochschul- oder andere Politiken spielen dabei keine Rolle. Daher unterstützen die mit den FWF-Projekten verbundenen und überwiegend an die Unis fließenden Overhead-Zahlungen gleichzeitig auch die Entwicklung der Universitäten in Richtung exzellente Forschungsstätten; eine höchst effiziente Lenkungsmaßnahme also. Sehr beunruhigend übrigens, dass man hört, der FWF müsste aus Einsparungsgründen diese Overhead-Zahlungen einstellen: Das wäre ein Schuss ins Knie der Sonderklasse.

Sinkende Genehmigungsraten (von ursprünglich 30 Prozent der Projektanträge in Richtung 20 Prozent) bewirken, dass die besten Jungwissenschaftler Österreich verlassen bzw. nicht mehr zurückkommen können. Die für die Entwicklung der Universitäten so wichtigen Sonderforschungsbereiche können vom FWF nur mehr eingeschränkt, die Doktoratskollegs gar nicht mehr bedient werden. Damit bricht die Ausbildung jener Wissenschaftler weg, die wir in den nächsten Jahren dringend brauchen werden; zwangsläufig sinkt so auch die Antragsfähigkeit heimischer Gruppen für große europäische Forschungsmittel.

Die Community und all jene, denen der Standort Österreich am Herzen liegt, wissen die Bemühungen der Regierung in Richtung Grundlagenforschung zu schätzen. Nun aber brauchte es als raschen zweiten Schritt die Verbesserung der Finanzierung der heimischen Topgrundlagenforschung im Interesse aller. Eine relativ geringfügige Verlagerung der Forschungsmittel hätte den höchst effizienten Effekt, den Österreich im Moment so dringend benötigte.

Kurt Kotrschal ist Zoologe an der Uni Wien und Leiter der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle in Grünau.

Emails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2015)

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