Audi S3: Für die Freunde der Blasmusik

Audi S3
Audi S3(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Künftig werden starke Autos bei uns noch höher besteuert. Das hindert die Hersteller nicht, an der PS-Schraube zu drehen. Der Audi S3 offenbart aber auch ganz andere Talente.

Dieses Auto befindet sich in bester Leistungsgesellschaft. Im Vorjahr konnte bei den Neuzulassungen in Österreich allein die Klasse über 126 kW Leistung (171 PS) im Vergleich zu den Vorjahren zulegen. Dramatischer Rückgang hingegen am anderen Ende der Skala: Autos bis 82 PS hatten am allgemeinen Verkaufsrückgang im Land den stärksten Anteil. Das entspricht, wenig überraschend, dem Absatzrückgang bei den Kleinwagen.

Daraus mag man eine Arm-reich-Debatte ableiten. Oder man hält sich, ganz abgeklärt, an Lou Reed: „Das Leben ist gut. Aber kein bisschen fair.“

Vermutlich werden sich die Dinge bei uns durch staatliche Eingriffe ohnehin wieder drehen: PS-starke Autos, so viel scheint fix, werden demnächst noch deutlich höher als bislang besteuert, dabei kann man schon jetzt von einer Straf- oder zumindest Vergnügungssteuer sprechen.

Dieser Entwicklung entgegengesetzt ist die opulente Ausstattung von Spitzenmodellen mit Motor-Power. Beim ersten Audi S3, dem jeweils stärksten der A3-Baureihe, raunte man sich die unerhörte Zahl noch verschwörerisch zu: 210 PS.

Unverdächtig gekleidet

Der finanziell unverdrossene Feinspitz wird es begrüßen, dass Audi nach 15 Jahren zu einer schönen, runden Zahl gefunden hat. Wenn wir nochmals zurückblicken, sind jene 300 PS mehr, als Ende der 1990er einem Porsche 911 gut angestanden haben.

So geht es dahin bei den automobilen Leistungsträgern. Null auf 100 in 4,9 Sekunden, Spitze locker 250 km/h (dann wird elektronisch abgeregelt), und das Ganze im relativ unverdächtigen Kleid der Kompaktklasse, der der S3 zuzurechnen ist. Als Sportback bietet er viel Platz, ist allgemein durchaus familientauglich, und mit einem Normverbrauch von 6,9 Litern auf 100 km muss man sich kaum als Öko-Rowdy schelten lassen (zum echten Leben kommen wir noch).

Was am S3 aber am meisten beeindruckt und was ihm auch seine Sonderstellung unter den „hot hatches“ verschafft, ist sein Facettenreichtum. Die meiste Zeit – zwangsläufig in der Stadt – fährt man das Auto so beiläufig und unaufgeregt wie einen normalen A3. Die Spaßeinlagen sind aber immer nur einen festeren Tipper aufs Gaspedal entfernt. Daran hat das Doppelkupplungsgetriebe, bei Audi als S-Tronic geführt, wesentlichen Anteil (die klare Empfehlung gegen den Handschalter ist hiermit ausgesprochen). Im Efficiency-Modus (als einem von mehreren über Tastendruck oder Bordsystem wählbaren) schaltet die S-Tronic auf Freilauf – ein sensationelles Werkzeug für vorausschauendes Fahren (hatte freilich schon der Saab 96).

Segen des Freilaufs

Geht man vom Gas, wird die Kupplung geöffnet und lässt das Auto ohne Motorbremse frei rollen. Man glaubt gar nicht, welche Strecken man selbst im Stadtverkehr auf diese Weise zurücklegen kann. Fährt einem jemand in die Parade, tippt man bloß auf die Bremse und hat schon den jeweils idealen Gang für das gewünschte Maß an Motorbremswirkung in den Zahnrädern. Was ein klarer Gewinn an Komfort ist, sollte sich auch am Verbrauch ablesen lassen. Künftig verfügt jedes DSG in Autos des Konzerns über die Funktion (zumindest optional).

Der Verbrauch des S3 ist allerdings Gegenstand leidenschaftlicher Verhandlungen. Zwei Seiten zerren an ihm: die geschilderte ganz im Zeichen des Freilaufs stehende Fahrweise und die Ausbrüche, die der S3-Motor nun einmal provoziert. Er liefert seine Leistung freudig. 300 PS aus zwei Litern Hubraum sind mit Turboaufladung heute auch keine Hexerei mehr. AMG-Mercedes entlockt dem gleichen Brennraum in der A-Klasse 360 PS, ohne dass es Kolben und Pleuel durch die Motorhaube treibt. So klingt der Audi auch nach bester Unterhaltung, wenn der Turbo vollen Ladedruck aufbaut und die Drehzahl über die 6000 schnellt. Akustischer Höhepunkt: das „Popp!“, wenn der Motor im Moment des Gangwechsels die Zündung abstellt und der Turbo, im vollen Swing rotierend, die Luft geräuschvoll in den Auspuff hustet. Für allerlei Manöver bietet der Allradantrieb die notwendige Erdung, das Fahrwerk ist streng, aber gerecht. Ein Auto für alle Tage und alle Gelegenheiten – der aktuelle S3 ist ein großer Jahrgang.

ZAHLEN & FAKTEN

Audi S3 Sportback S-Tronic

Maße: L/B/H: 4324/1785/1404 mm. Radstand: 2631 mm. Gewicht: 1445 kg. Kofferraumvolumen: 340–1180 Liter.

Motor: Reihen-Vierzylinder-Otto, Turbo, 1984 cm3. Leistung: 221 kW (300 PS) bei 5500–6200/min. 380 Nm bei 1800–5500/min. 0–100 km/h in 4,9 sec. Vmax: 250 km/h. Testverbrauch: 11,8 l/100 km. Allradantrieb. 6-Gang-DKG.

Preis: ab 50.220 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2014)

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