Wie man reichen Menschen hilft

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Nichts ist gefragter als SUVs. Dass das Luxussegment bislang sträflich vernachlässigt wurde, wollen die Nobelhersteller jetzt reihenweise korrigieren. Sogar Rolls-Royce.

Das letzte Mal, als Aston Martin das Sortiment erweiterte, fasste man sich kurz: Der Cygnet war keine drei Meter lang. Das Mikroauto, ein von Spezialisten veredelter Toyota iQ, war für Aston-Kunden gedacht, die in der Stadt nobel unterwegs sein wollten, sich aber auch über Parkplätze freuen würden und dabei nicht 20 Liter im Schnitt verbrauchen wollten. Der Cygnet war klug gedacht, denn gleichzeitig würde er dem Hersteller helfen, seinen Flottenverbrauch zu drücken.

Bloß fanden sich nicht genügend Käufer für den kleinen Schwan. Im letzten September, nach nur zwei Jahren, wurde das Modell aus dem Programm genommen. Entweder suchen reiche Menschen keine Parkplätze, oder es ist ihnen egal, wie viel Sprit sie verbrauchen. Oder der Cygnet gefiel ihnen einfach nicht.

Der Trend zu Sparsamkeit und Downsizing hat jedenfalls nicht alle Bevölkerungsschichten erfasst. Mit guter Wahrscheinlichkeit wird Aston Martin beim nächsten Mal näher am Kunden liegen. Mit der Hilfe von Fünf-Prozent-Aktionär Daimler könnte der englische Sportwagenhersteller im Jahr 2017 sein erstes SUV auf den erlauchten Markt bringen.

Aston-Chef Ulrich Bez hat bestätigt, dass ihn die Aussichten reizen würden. SUVs sind das Wachstumssegment schlechthin, und speziell nach oben ist noch ziemlich viel Luft. Auf Basis des Mercedes GL könnte ein solches Modell unter dem traditionsreichen Namen Lagonda entstehen, eine erste Designstudie wurde durchaus wohlwollend aufgenommen.

Lunte gerochen

Anderswo sind die Fortschritte schon weiter gediehen. Jaguar ist inmitten letzter Erprobungen für ein SUV, das ab 2016 dem Audi Q5 und BMW X3 Konkurrenz machen soll. Jenes Jahr wird überhaupt das Jahr der Luxus-SUV: Auch von Alfa, Maserati und Bentley sind richtig große Kisten angesagt. Die feinen Hersteller haben Lunte gerochen.

Sogar Rolls-Royce erwägt einen Beitrag: „Wenn wir ein SUV hinkriegen, das wie ein Rolls-Royce aussieht, dann sind wir dabei“, ließ Rolls-Royce-CEO Torsten Mueller-Oetvoes wissen. Es ist dabei freilich wenig hilfreich, dass schon das Topmodell Phantom Maße und Gewicht eines Klein-Lkw hat.

Design und Stimmigkeit innerhalb der aufwendig gehegten Markenwelt sind für alle ein heikles Thema. Porsche gelang mit dem Cayenne ein Kunststück, doch Patent darauf gibt es keines. So wird man bei Bentley nicht müde zu betonen, dass sich das fertige Auto fundamental von der Studie EXP 9F unterscheiden wird, die 2012 gezeigt worden ist. Der Entwurf hat Fans und Kritiker entsetzt. Andererseits zählte Bentley prompt 2000 Bestellungen – für ein Auto, das es noch gar nicht gab. Zudem wurde registriert, dass die Studie umso besser ankam, „je weiter östlicher wir uns bewegen“. Mit anderen Worten: In Russland würde die eher zart ausgeprägte Subtilität der Kreation die geringsten Probleme bereiten. Eigens wurde Volkswagens Stardesigner Luc Donckerwolke ins englische Crewe beordert, um nun mit einem neuerlichen Anlauf beide Welten zu versöhnen. Erste Teaser-Bilder wurden diese Woche veröffentlicht.

Aber auch Bentleys Ingenieure sind gefordert. Dem Selbstverständnis der Marke nach muss ihr erstes SUV nicht nur das luxuriöseste sein, sondern auch das schnellste. Auf 200 Meilen pro Stunde, das sind 320km/h, hat sich Bentley-Chef Wolfgang Schreiber festgelegt. Das ist bei der gewaltigen Stirnfläche eines Full-Size-SUV eine Herausforderung.

Den Aufwand betreibt man gern. Immerhin hat die VW-Tochter den Vorzug vor Lamborghini bekommen. Die italienische Audi-Tochter hat bereits mit der Studie Urus einen interessanten Vorschlag unterbreitet, zudem könnten die Italiener ein SUV historisch begründen: Der Lamborghini LM02 von 1986 hatte eine kurze Karriere als brachiales V12-Supersport-SUV.

Den Markt darf nun Bentley abfassen, man rechnet mit einem Absatz von 3000 Exemplaren pro Jahr, zu einem Stückpreis ab etwa 170.000 Euro – ohne Steuern. Das ist ca. die Summe, auf die der teuerste Range Rover kommt, seit Jahrzehnten einsamer Platzhirsch auf seinem Terrain. Bentleys Verkaufschef zeigt sich barmherzig: „Wir wollen das Problem von Kunden lösen, die mehr Geld für ein SUV ausgeben wollen, das derzeit aber nicht können.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2014)

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