Trinkgeld für den Tankwart

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Nach vier Monaten in unserem Dauertest-Mazda3 können wir den Wert einer Revolution ziemlich genau einschätzen: Der Umsturz findet anderswo statt.

Revolutionen halten nicht immer – eigentlich nur selten –, was sie versprechen. Die Autoindustrie ist mit dem Begriff besonders spendabel, und so pries auch Mazda seine neue Motorengeneration Skyactive als regelrechten Umsturz im Motorenbau. Was steckt hinter den Parolen aus dem Megafon?

Der Hersteller aus Hiroshima hat in jedem Fall einen eigenen Weg eingeschlagen, der weder Elektrifizierung bedeutet noch Downsizing, also kleinere Motoren mit Aufladung als Kompensation.

Benziner und Diesel mit nahezu dem gleichen Verdichtungsverhältnis – ein für Diesel geringes, für Benziner sehr hohes –, davon ließen andere Hersteller bislang die Finger. Genau dies ist aber Mazdas Rezeptur. Nachdem wir mit unserem Mazda3 im Dauertest nun ins finale Drittel biegen, können wir die Auswirkung der kleinen Motorenrevolte ziemlich genau quantifizieren. Mit überwiegendem Stadtbetrieb, wie er dem Spritverbrauch oder besser dessen Einsparung ja nicht so zugutekommt, halten wir nun bei 7,6 Liter im Schnitt.

Das ist kein Wert, der alte Gesetzmäßigkeiten hinwegfegt, aber der Vergleich macht den Fortschritt doch sichtbar, zumindest zur ausgelaufenen Motorenpalette des Herstellers: Dem Kleinwagen Mazda2 mit 100 PS starkem 1,5-Liter-Benziner waren in der Stadt um die acht Liter gerade recht. Da steht der 120 PS starke 3er, zumal als ausgewachsene Limousine mit fast 4,6 Metern Länge, mit einem halben Liter weniger nicht schlecht da. Zumal wir soeben auf Sommerreifen gewechselt haben, dieser Effekt kann durchaus noch einen halben Liter Einsparung zeitigen.

Von Trab in den Galopp

Mag der ganz große Jubel ausbleiben – auf einer anderen Ebene sind wir schon tief beeindruckt. Der 2,0-Liter-Benziner bringt endlich jene Kraftentfaltung, die einen gegen die ewig gleichen Einwürfe der Dieselfraktion wappnet. Er hat ein wunderbares, früh einsetzendes Drehmoment, das einen flott vorankommen lässt, auch wenn man sehr früh zum Schaltknüppel greift, um der Hochschaltempfehlung im Cockpit-Display, mehr aber noch dem eigenen Gefühl Folge zu leisten. So trabt man nun einmal dahin im heutigen Stadtverkehr. Und im Galopp?

Die kultivierte Art des Benziners und seine feinen Klangmanieren – im Leerlauf, wenn ihn die Start-Stopp-Automatik nicht ausschaltet, ist er praktisch lautlos – fügen sich zu einem anderen Bild auf der Landstraße, wo der Motor mit erstaunlicher Drehfreude und einem sportlichen Klangbild aufwartet.

Mazda hat im 3er auch sonst vieles richtiggemacht. Das beginnt beim Design, das sogar die Limousinenvariante salonfähig gemacht hat – Mazda hat den diesbezüglichen Anteil auf 20 Prozent der Verkäufe verdoppelt. Länger waren wir unsicher, ob uns das Format auf Dauer nicht doch ein bisschen bieder erscheinen würde. Trinkgeld für den Tankwart, der im 3er den Mazda6 vermutete – das hört man gern! Der größere Kofferraum als mit Heckklappe ist sowieso ein Gewinn – sogar das sperrige Monster von Kinderwagen geht ohne öliges Räderabnehmen rein.

Mazda hat sich die Premiumvertreter der Klasse genau angeschaut. So wurde darauf geachtet, neuralgische Stellen im Innenraum hochwertig auszuführen – Lenkrad, Schaltknüppel, Rädchen und Tasten. Das Bordsystem mit sauber klickendem Drehrad und aufgesetztem Monitor samt Chromeinfassung ist ein witziger Mix aus Audi, BMW und Mercedes. Von Audi zum Beispiel stammt der Lautstärkeregler unten zwischen den Vordersitzen – dort, wo auch das Drehrädchen sitzt, fällt die Hand schneller hin als anderswo.

Premiumlike die Ausstattung: Head-up-Display für Tempo und Navi-Hinweise (somit auch Navi), City-Notbremsfunktion, Bose-Sound, Totwinkel-Assistent, Sitzheizung, Tempomat, Park-Gepiepse – bei 23.790 Euro in „Revolution“-Ausführung eine klangvolle Aufzählung. Einzig das „Soul“-Rotmetallic kostet 600 Euro extra.

Schade, dass eine Kleinigkeit das Idyll stört: Die Radiosender lassen sich nur über zwei Schritte im Bordsystem abrufen – ein fader Umweg, das muss spätestens beim Facelift korrigiert werden.

ZAHLEN & FAKTEN

Mazda3 G120 Revolution Limousine

Maße. L/B/H: 4580/1795/1450 mm. Radstand: 2700 mm. Leergewicht: 1200 kg. Kofferraumvolumen: 419 Liter.

Motor. R4-Zylinder-Otto, 1998 ccm. Leistung 88 kW (120 PS) bei 6000/min. Drehmoment 210 Nm bei 4000/min.

0–100 km/h in 8,8 sec. Vmax 198 km/h. Normverbrauch 5,1 l/100 km.

Testverbrauch 7,6 l/100 km.

Frontantrieb. Sechsganggetriebe (manuell)

Preis. 23.790 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2014)

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