Denn sie twizy nicht, was sie tun

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Renault hatte mit seinem Elektrostadtmobil Twizy genau die richtige Idee. Die Umsetzung dagegen ist so unbefriedigend, dass es das ganze Konzept infrage stellt.

WIEN. Es gibt fünf Gebote für Mobilität im städtischen Raum (plus den rund 20 Speckgürtelkilometern Radius drumherum):
1. Du sollst nicht viel Parkplatz brauchen.
2. Du sollst nicht anstehen müssen im Stau.
3. Du sollst das ganze Jahr über benützbar sein.
4. Du sollst weder in der Anschaffung noch im Betrieb die Welt kosten.
5. Du sollst trotzdem Spaß machen.

Das Elektrostadtvehikel Twizy schaut von außen betrachtet ganz danach aus, als könnte es sowohl die vier harten als auch das weiche 5. Gebot spielend erfüllen. Irgendwie klein und wendig (Parkplatz, Stau), offen, aber doch mit Dach (ganzjährig benützbar), sehr reduziert und mit einem steuer- und verbrauchsschonenden Elektromotor (kann ja nicht die Welt kosten). Dazu muss ein Fahrzeug, das so ausschaut, eigentlich zwangsläufig Spaß machen.

Ein Hauch von Handschuhfach

Doch kaum sitzt man das erste Mal in dem kleinen Elektro-Renault, dessen neue Cargo-Variante mit einem verschließbaren 180-Liter-Kofferrraum statt eines zweiten Sitzplatzes im Fonds aufwartet, erlebt man schon sein kleines Wunder. Da stellt sich kein Freiheitsgefühl irgendwo zwischen Roller und Cabrio ein, sondern man fühlt sich ein bisserl beengt, fast wie in ein Plastikhandschuhfach eingesperrt. Denn der dunkle niedrige Dachhimmel, kombiniert mit fehlender Heckscheibe, ergibt ein ausgesprochen unluftiges Raumgefühl. Von der schlechten Nachdraußensicht einmal ganz abgesehen.

Auch die Parkplatz- und Staufrage stellt sich bei näherem Hinsehen. Denn der Twizy ist schlicht zu breit (1396 mm), um an irgendeiner Kolonne vorbeifahren zu können wie ein Zweirad. Damit steht dann aber die Sinnhaftigkeit der für ein Auto relativ schmalen Form überhaupt infrage. Denn der Twizy ist mit 2,34 Metern trotzdem nur unwesentlich kürzer als etwa die kleinsten Stadtautos mit ihren zweieinhalb Metern Länge. Die bieten aber zwei vollwertige Sitze plus einen Kofferraum. In der Innenstadt sind wir deshalb bei der Parkplatzsuche mit dem Elektro-Renault genauso gescheitert wie mit jedem anderen Auto.

Da müsste man halt mit einem Zweirad unterwegs sein. Für das – anders als für den Twizy – auch keine Parkgebühren anfallen. Und auch mit der ganzjährigen Nutzbarkeit ist das so eine Sache: Die fehlenden Fenster sorgen für enormen Zug im Innenraum.

Fehlende Elektroleichtigkeit

Besonders überraschend fällt aber das Urteil im Spaßkapitel aus: Der Twizy ist nicht wirklich lustig zu fahren. Er ist mit 18 PS bei etwas unter einer halben Tonne Gewicht schlicht untermotorisiert. Das betrifft nicht die ausreichende Spitze von 80 km/h, sondern die Spritzigkeit. Überhaupt ist es verwunderlich, dass die Leichtigkeit, die bei vielen Elektromobilen das große Plus ist, dem Twizy so völlig fehlt. Immerhin merkt man beim Aufladen und der Reichweite (verlässliche 80 Kilometer), dass Renault bei den Elektroautobauern zu den Marktführern gehört.

Die Beantwortung nach der Forderung des 4. Urbanitätsmobilitätsgebots (der Kosten) haben wir uns bewusst für den Schluss aufgehoben. Unser Testfahrzeug, dessen Extras sich abgesehen von einem versperrbaren und einem unversperrbaren Ablagefach auf einen Sicherheitsgurt reduzieren, kostet 9700 Euro. Da bekommt der Ausdruck Kampfpreis eine völlig neue Bedeutung.

ZAHLEN & FAKTEN

Renault Twizy Cargo

Abmessungen. Länge: 2338 mm,

Breite: 1396mm, Höhe: 1454 mm;
Anzahl der Sitzplätze: 1

Gewicht. 474 Kilogramm

Kofferraum. 180 Liter (75 Kilogramm Nutzlast)

VMax. 80 km/h

Preis. 9700 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2014)

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